"Wir müssen die Bürger wieder an Bord holen"

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Robert Hink über den Traum der Selbstverwaltung, die Mentalität der ländlichen Feuerwehr und demokratiepolitisch bedenkliche Rechtsformen.

Die Furche: Der Gemeindebund steht tendenziell der ÖVP nahe. Löst das Wort Genossenschaft da nicht ein schlechtes Bauchgefühl aus?

Robert Hink: Das könnte es, ich habe aber keine Angst vor solchen Versuchen. Mir ist das Wort egal. Ich will, dass die Leute von unseren Ideen etwas haben.

Die Furche: Was erwarten Sie sich von dem Modell einer Genossenschaft für die Gemeinden?

Hink: Die Gemeinde ist der Versuch der Selbstverwaltung im öffentlichen Bereich. Hier erledigt die Bevölkerung ihre Sachen selbst. Die Frage ist nur, wie? Da sind Genossenschaften, denke ich, eine gute Lösung. Wenn interessierte Bürger sich in einen Betrieb einkaufen, kümmern sie sich auch mehr darum. Das ist der große Vorteil von autonomer Verwaltung: Sie ist wirtschaflicher, weil genauer auf die Wünsche der Bürger eingegangen wird. Genossenschaften sind deswegen oft effizienter als andere Lösungen.

Die Furche: Auf der anderen Seite spart sich die Gemeinde Geld, das sie den Bürgern abnimmt …

Hink: Den Gemeinden fehlt einfach das Geld für wichtige Investitionen. Ich glaube, da werden die Bürgermeister und Gemeindepolitiker von Tür zu Tür gehen müssen und unsere Bürger aufklären, dass wir die Gemeinden nicht ohne sie auf diesem Niveau weiter verwalten können. Wenn man alles dem Staat überlässt, ist das Land nicht mehr finanzierbar. Denken Sie zum Beispiel an die Freiwillige Feuerwehr: Niemand würde ernsthaft vorschlagen, im ganzen Land die Berufsfeuerwehr einzuführen. Die Ortschaften organisieren sich die Feuerwehr selbst. Diese Mentalität müssen wir fördern. Wir müssen die Leute wieder mit an Bord holen.

Die Furche: Warum sind sie denn überhaupt abgesprungen?

Hink: Sie sind ja zum Glück noch da. Aber die Bürger haben sich zunehmend von der Gemeindepolitik entfremdet. Sie haben kaum noch Möglichkeiten mitzuwirken. Zudem stelle ich einen größer werdenden Druck auf die Gemeindefunktionäre fest. Eine durchschnittliche Gemeinde ist ja ein mittelgroßer Betrieb in dem rund 200 Menschen arbeiten. Da kann man kaum mehr ehrenamtlich Bürgermeister sein, man wird zu einem Manager.

Die Furche: Parteipolitik führt gerade in sachlichen Interessengemeinschaften wie Genossenschaften zu Konflikten. Befürchten Sie, dass regionale politische Lager die Idee der Genossenschaft verhindern könnten?

Hink: Ich beobachte gerade im ländlichen Raum genau das Gegenteil. Die Politik ist viel sachlicher als auf Landes-oder Bundesebene, man zieht an einem Strang, Gemeinderatsbeschlüsse sind fast immer einstimmig. Außerdem halte ich andere Rechtsformen für demokratiepolitisch bedenklich. Zum Beispiel, wenn ein Kindergarten als GesmbH von der Gemeinde weitergeführt wird. Man hat meist nur einen Geschäftsführer, das ist dann der Bürgermeister. Die Opposition hätte überhaupt keinen Einblick in die Akten des Unternehmens.

Das Gespräch führte Christoph Zotter.

Robert Hink ist Generalsekretär des Österreichischen Gemeindebunds.

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