Wohltatender Vorausdenker

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In langen Schlangengängen stellen sich die Passagiere an, wenn auf dem Flughafen vor den Check-in-Schaltern Gedränge herrscht. Diesmal hatte ich Glück, ich war der Einzige und ging schnurstracks nach vorne. Aber da hatte ich mich getäuscht. Eine bunt Uniformierte stoppte mich und ließ mich wissen, wofür sie zu sorgen hätte: Dass nämlich ausnahmslos jedermann den Schlangenweg benützt. Dankbar fügte ich mich der Vorschrift.

Unten, am Gate, kam ich an der Raucherecke vorbei: Eine wirklich sinnvolle Einrichtung, drängen sich doch dort zehn Personen auf vier Quadratmetern im dichten Qualm, so dass man sie als Testpersonen für Lungenkrebs mit hoher Signifikanz in die Statistik nehmen kann.

Telefonieren im Auto ist auch mit Freisprechanlage gefährlich, weiß eine neue Erhebung. Man sollte es verbieten, dann aber konsequent: Neue Automodelle müssen ohne Aschenbecher und Autoradio hergestellt werden, am Besten samt Glasscheibe zum Beifahrersitz mit der Aufschrift: Es ist verboten während der Fahrt mit dem Fahrer zu sprechen.

Ich bin wirklich dankbar für soviel Sorge um mein Wohlbefinden. Ich hoffe, dass in Bälde auch Weinflaschen mit schwarz gerandeten Todesdrohungen versehen werden. In dieser komplizierten Welt brauche ich als Bürger eine Entlastung von eigener Denkarbeit und Verantwortung. Politiker und Experten denken für mich voraus. Zwar verstehe ich den Slogan "Mehr privat, weniger Staat" nicht so recht, aber die großen Brüder am Ballhausplatz und in Brüssel werden damit schon das Beste für mich meinen. Sie schützen mich jedenfalls vor zu vielen privaten Überlegungen.

Neulich nahm ich meine grippekranke Frau im Auto mit. Ich finde es bedenklich, dass die EU-Gesundheitsminister noch nicht verboten haben, Virenträger in einem normalen PKW zu transportieren. Jetzt bin ich selbst verschnupft.

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