Was eint die blockierte Elite?

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Der 1. Mai gehört der Politik und deren Aufmärschen und Dialogkonferenzen. Aber vollmundige Ankündigungen und althergebrachte Slogans sind noch keine Politik für die an den Rand Gedrängten und Verlierer. Wie auch? Das dauerarbeitslose Neoproletariat bildet die Klasse der "Überflüssigen", meinte der Göttinger Politologe Franz Walter unlängst in einem Artikel zur derzeitigen Antikapitalismusdiskussion in Deutschland. Für die Produktion nicht mehr konstitutiv wie die moderne Arbeiterklasse zwischen 1870 und 1970, hätte diese Klasse der Überflüssigen kein Druckmittel mehr in der Hand.

Im Gegenteil: ohne Zusammengehörigkeit und Selbstbewusstsein bringe sie es auch zu keinen politischen Projekten. Zu solchen habe es aber auch in früheren Zeiten über die faktische Macht der nachgefragten und gebrauchten Arbeitskraft hinaus des Bündnisses mit den "blockierten Eliten" bedurft.

Also in heutiger Sicht der Hochqualifizierten mit verbarrikadierter Zukunft: der Ingenieure und Informatiker, der Universitätsabsolventen, die sich mit unbezahlten Praktika durch das Leben schlagen müssen. Würden die sich als Gegeneliten begreifen, mit ihrer Kapitalismuskritik die bürgerlichen Führungsgruppen und die arrivierte Sozialdemokratie herausfordern, neue Gemeinwohlmetaphern erfinden und das Wahlbündnis mit den Verlierern nicht scheuen, dann könnte sich etwas tun.

Allerdings, so Walter weiter, hätten die "blockierten Eliten" derzeit noch weitgehend Rückhalt in den Ressourcen ihrer Eltern und vererbenden Großeltern. Fürs erste also dürfte auf der einen Seite die Zahl der Verlierer weiterhin still vor sich hin wachsen. Wie auf der anderen Seite der von seiner sozialen Verantwortung immer mehr entlastete Reichtum.

Der Autor ist Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelsorger in Wien.

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