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Im Jahr 2018 gibt es viele Anlässe zum Gedenken. Rituale und mahnende Worte, Analyse der Vergangenheit aus heutiger Sicht, Erinnerung an Einzelschicksale und Gruppenverhalten im "Damals" und dessen Spiegelung ins "Heute". Manches Gedenken hinterlässt jedoch einen schalen Nachgeschmack im Eindruck, dass sein Ziel darin besteht, aus dem Verhalten im Damals die Richtigkeit der eigenen Position im Heute zu bestätigen und die Herabsetzung anderer zu legitimieren. Liest man Medienberichte, Kommentare und Internetforen über Gedenkfeiern, wird deutlich, wie das Gedenken an Damals gesellschaftliche Trennungen im Heute verstärken kann. Ist das der Sinn des Gedenkens?

Sollte das Gedenken nicht vielmehr dazu dienen, aus dem Nachdenken eine Gemeinsamkeit entstehen zu lassen, die alle -aus heutiger Sicht guten wie schlechten -Fasern der Vergangenheit in einen Stoff verwebt, der einen tragfähigen Gurt für die Zukunft bildet? Ein allseitiges Reflektieren der Geschichte, der Massen-und der Einzelschicksale, ein allseitiges Benennen von Fehlverhalten, aber auch Anerkennen des Bemühens um ein funktionierendes Gemeinwesens würde gewährleisten, jene Fehler zu vermeiden, die zu Katastrophen geführt haben, und jene Kräfte zu stärken, die Positives bewirken. Natürlich gehört auch ein principiis obsta dazu: Soll eine Warnung jedoch die Herzen der Adressaten erreichen, muss die Botschaft so formuliert sein, dass sie nicht zur Verhärtung führt.

Viele beschwören Österreich als Konsensgesellschaft: Ich vermisse jedoch den Geist des "miteinander"(cum) und den Geist des "fühlenden Denkens" (sentire): Wenn gemeinsames Gedenken dazu genutzt wird, "den anderen" eins auszuwischen, steht Provokation im Vordergrund. Aber: wollen wir wirklich unselige Geister von Spaltungen der Vergangenheit immer wieder hervorrufen?

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