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Masken für den Fasching des Lebens

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Ohne Fasching hätten die lieben Zeitgenossen das Faktum schon längst verdrängt. Ohne Fasching würden sie vielleicht ihre Maske schon für ihr Gesicht halten. Und so hat er das ganze Jahr über Hochbetrieb, der Kostümverleih für den Alltag des Lebens.

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Ohne Fasching hätten die lieben Zeitgenossen das Faktum schon längst verdrängt. Ohne Fasching würden sie vielleicht ihre Maske schon für ihr Gesicht halten. Und so hat er das ganze Jahr über Hochbetrieb, der Kostümverleih für den Alltag des Lebens.

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Also alltägliche Masken gefällig? Die „Immer-gütige-Mutter-Maske“: Mama, du mußt alles verstehen, verzeihen und schlucken, verzichten können“, sagen die Kinder und erwarten, daß sie auch das passende Gesicht dazu macht. Die „Immer- strenger-Vater-Maske“, getragen von einem Mann, der zum Besserwisser verurteilt ist, stark, ein ewiger Kontrollor, 24 Stunden ein Vorbild. Die „Immer-gehorsame-Tochter-Maske“, ein Mädchen, das von frühestem Alter an opportunistische Folgsamkeit praktiziert; „Manderln“ macht, und immer das liebe G’sichterl dazu liefert. Die „Immer- störrischer-Sohn-Maske“, ein Knabe, zur Ruppigkeit verurteilt, der sich nicht leisten kann, offiziell gern in die Schule oder in die Kirche zu gehen, anderen recht zu geben und den erwarteten Pubertätsblick - leicht frustriert - bietet.

Die „Immer-kompetenter-Chef- Maske“, der Mann mit dem Kompetenzantlitz, strotzend vor Sachkenntnis, „Manager“ oder Mensch? Die „Immer-beflissener- Angestellter-Maske“, ein Mensch, der sich insgeheim mit dem Götzzitat tröstet, aber doch lieber das „Jawoll-Herr-Chef-Gesicht“ aufsetzt.

Die „Immer-überlegene-Lehrerin-Maske“, eine Frau, zur Pädagogin verdammt, ein Lexikon aus Fleisch und Blut, Dame ohne Unterleib, ganz Geist. Die „Immer-freundlicher-Pfarrer-Maske“, ein Mann, der bescheiden ist, wenn es um seine Bezahlung geht, immer Zeit hat, nie müde wird, allen Erwartungen entspricht, ein Leben lang frei ist von allen Glaubenszweifeln, und schon nach der nächsten Anweisung seiner Kirchenleitung lechzt. Seltsam: Wenn man zu ihm sagt „Sie schaun gar nicht aus wie ein Pfarrer“, dann freut er sich.

Die „Immer-wissender Arzt-Maske“ für einen Mann, der immer helfen kann, braungebrannt, weil erfolgreiche Leute immer gerade vom Urlaub kommen. Ja und dann der „Immer-für-alle-offene-Bischof“, der „Immer-richtig-entscheidende-Papst“. Die Masken sind längst angewachsen, aber die Sehnsucht spielt mit dem Gedanken, daß der Fasching des Lebens ein Ende haben könnte.

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