Spin-doctoren und Think-tanks

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Keiner soll sagen, die österreichische Politik sei nicht erneuerungsfähig. Vor einigen Jahren gab es plötzlich in jeder Partei, die etwas auf sich hielt, zusätzlich zu den Generalsekretären und Organisationsreferenten sogenannte Parteimanager, die daran gingen, den traditionellen Strukturen wirtschaftliche Prinzipien überzustülpen.

Dann kamen die Spin-doctoren, die als Zauberformel die politische Varietebühne bereicherten. Da musste der gelernte Österreicher schon im Lexikon nachblättern, um festzustellen, dass es sich da um Experten handelte, die in Wahlkämpfen einen gewissen "Drall" (das heißt, Richtung, Tempo und Durchschlagskraft) garantieren sollten. Parallel dazu tauchte "Coaching" als Strategie der (medial orientierten) Persönlichkeitbildung für Politiker und Funktionäre auf, und neuerding sind "Think-tanks" in aller Munde.

Gemeint ist damit, dass man sich eigene Stäbe - zusammengesetzt aus mehr oder weniger hochrangigen Wissenschaftern und Praktikern - hält, die die "Denkarbeit" der Politik übernehmen. Oder sogar ein bisschen mehr: sie sollen sogenannte Zukunftsszenarios entwickeln, aktuelle Trends nach Wünschbarkeit und Brauchbarkeit abklopfen, und diese Neuerungen auch "kommunizieren", das heißt, ihre Umsetzung dadurch in die Wege leiten, dass man sie Menschen erklärt und schmackhaft macht.

Dagegen ist nicht viel zu sagen, weil es ja sicher gut ist, wenn sich gescheite Leute die Köpfe über Entwicklungen in Gesellschaft, Wirtschaft, Staat und Politik zerbrechen. Man könnte sich höchstens fragen, wozu dann eigentlich Politiker da sind. Parteien, sollte man meinen, wären ja eigentlich durchaus geeignete "Think-tanks", in denen Menschen tätig sind, die etwas wissen und auch etwas tun wollen - und zwar von einem ganz bestimmten Wertehorizont aus.

Das unterscheidet sie von den so genannten "objektiven", parteiunabhängigen Experten, die natürlich auch ihre ideologischen Prinzipien haben, aber häufig nicht offen dazu stehen, und letztendlich politisch nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Die Expertenrunde zum Thema Soziale Treffsicherheit und manche der sozialen Konsequenzen sollte ein mahnendes Beispiel sein - auch dafür, dass Politiker sich aus den "wertneutralen" Denk-Tanks dann Beliebiges abzapfen.

Die Autorin ist Professorin für

Gesellschaftspolitik an der Universität Linz.

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