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Die Helden werden gehängt

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Während des vergangenen „langen heißen Sommers“ kam es einmal in Kopenhagen zu einer sonderbaren Demonstration. Die Gegner der Mehrwertsteuer, durch deren Einführung die meisten Waren und Dienstleistungen um zehn Prozent verteuert wurden, trugen einen Galgen durch die Stadt, auf dem zwei Puppen baumelten, die den Regierungschef Krag und den Führer der Volkssozialisten, Axel Larsen, dar-

stellen sollten. Noch im Herbst des Vorjahres war Axel Larsen der große Sieger bei den Parlamentswahlen gewesen, der es verstanden hatte, auch das Vertrauen vieler Dänen zu erwerben, die dem Mittelstand angehörten. Nun trugen dieselben Leute sein Abbild auf einem Galgen durch die Stadt! Es hätte jedoch kaum dieser Demonstration bedurft, um zu erkennen, daß Larsens Stem nun im raschen Sinken begriffen ist!

In der letzten Parlamentswahl hatte die „Sozialistische Volkspartei“ ihre Mandatszahl von zehn auf zwanzig erhöhen können; die „SF“ konnte mehr gewinnen, als Krags Sozialdemokraten verloren hatten, und so bekam Dänemark zum erstenmal eine Linksmehrheit. Larsen kam zwar auch diesmal nicht in die Regierung, doch ein Abkommen mit Krag sicherte der Arbeiterpartei den Besitz der Regaerungsstellung, und die SF bekam einige Versprechungen sozialpolitischer und — wie man sicher annahm — auch außenpolitischer Art. Zu spürbaren Änderungen des früheren sozialdemokratischen Kurses ist es jedoch nicht gekommen, außer eben der Einführung der Mehrwertsteuer, die der Finanzminister brauchte, um einige Löcher im Staatshaushalt zu stopfen und die es nebenbei Dänemark erleichtern wird, in die EWG einzu-

treten, in der diese Steuer allgemein werden soll. An dieser Verschöne-runsgaktion des EWG-Kandidaten Dänemark haben jedoch die Linkssozialisten nicht das geringste Interesse, da sie sowohl gegen die NATO als auch gegen eine Mitgliedschaft Dänemarks in der EWG sind!

Der neue Außenminister

Auf dem letzten Parteikongreß der SF kam deshalb auch ein Sturm

gegen Axel Larsen auf, von dessen Nachwirkungen sich dieser gewiegte Taktiker nicht mehr erholen wird. Zwar wurde er noch mit 99 von 156 möglichen Stimmen zum Vorsitzenden der Partei gewählt, doch seine besten Freunde verschwanden in der Versenkung. Zeitweise gab es auf dem Kongreß nicht weniger als fünf Gegenkandidaten. Als neuer Mann nach Larsen rückt nun der Kopenhagener Bürgermeister Willy Brauer in den Vordergrund, neben ihm die Abgeordneten Morien Lange und Hanne Reintoft. Zur Zeit des Kongresses hatte die Parteiführung der SF bereits den starken Verdacht, daß Krag die Übergabe des Außenministeriums an einen Mann des rechten Flügels vorbereitete, der sich für das Verbleiben Dänemarks in der NATO einsetzen würde. Am 6. September stellte es sich heraus, daß diese Vermutung richtig gewesen war: Jens Otto Krag schlug dem König vor, den bisherigen ständigen Vertreter Dänemarks in den Vereinten Nationen, Hans Tabor, zum Außenminister zu ernennen! Mit Hans Tabor kommt jedoch ein entschiedener Anhänger der weiteren Mitgliedschaft des Landes in der NATO in die Regierung, auf den wichtigsten Posten neben dem des Staatsministers. Tabor erklärte auch, daß er sich für das Verbleiben in der NATO einsetzen werde.

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