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Ende eines Siegeszuges?

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Nun ist diese Ernennung vor allem einmal durch ihre negative Seite, durch das Überspielen der bisherigen starken Kandidaten auf diesem Posten, interessant. Als solche Kandidaten wurden nacheinander Hans Sölvhöi, Europaminister Tyge Dahlgaard und der frühere Außenminister Per Haekkerup genannt. Alle diese Männer sind Anhänger einer weitgehenden westlichen Zusammenarbeit, von dem sehr dynamischen, überaktiven, rede- und reiselustigen Per Haekkerup wußte man jedoch viele Male nicht, wohin er eigentlich zielte. Allmählich wurde er für Krag zu einer immer stärkeren Belastung und zu einem Unsicherheitsfaktor von Gewicht. Es dürfte das der eigentliche Grund sein, der Krag vor zehn Monaten veranlaßte, die Bürde des Außenministers auf sich zu nehmen. Per Haekkerup liebte mitunter

auch scharfe Ausfälle gegen die Volkssozialisten, und das noch zu einer Zeit, da man die parlamentarische Unterstützung dieser Gruppe bereits dringend nötig gehabt hätte. Es ist jedoch auch denkbar, daß Haekkerup eine alles andere als NATO-freundliche Politik vertreten hätte, und dieser Möglichkeit wurde nun durch die Ernennung Hans Tabors ein Riegel vorgeschoben!

Zu den Enttäuschungen auf sozialem Gebiet kommen für die Volkssozialisten nun noch die Machtverschiebungen in der Regierung zugunsten des amerikafreundlichen Flügels. Die Politik der Arbeiterpartei ist seit dem September 1966 in den breiten Massen nicht populärer geworden: Die in Dänemark gewöhnlich sehr zuverlässigen Meinungsbefragungen ergeben, daß der Stimmenanteil der Partei weiter absinkt, aber diese Befragungen

zeigen auch, daß die Volkssozialisten noch rascher an Boden verlieren. Käme es heute zu einer Wahl, so würde der Linksblock — soweit man von einem solchen sprechen kann! — wahrscheinlich 16 bis 18 Parlamentsmandate verlieren. Das wäre nicht nur das Ende des Siegeszuges der Sozialistischen Volkspartei, es wäre auch das Ende der Politikerlaufbahn Axel Larsens, der zwar mit seinen erbitterten kommunistischen Widersachern, nicht aber mit seinen sozialdemokratischen Freunden am rechten Flügel der Volksfront fertig zu werden vermochte.

Dänemark und der Osten

Die in linkssozialistischen Kreisen herrschende Unzufriedenheit mit der Politik der dänischen Regierung und dem Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen SF und Sozialdemokratie darf doch nicht übersehen lassen, daß im Zeichen dieser Zusammenarbeit es zu einer außerordentlichen Aktivität in der Ostpolitik Dänemarks gekommen ist, wie sie zur Zeit kein anderes westliches Land aufweist. Man kann ruhig daraus

schließen, daß Axel Larsens Forderung auf Durchführung einer solchen Politik von Krag sehr wohl beachtet worden ist. Es gibt eine ganze Fülle von Geschehnissen, die dafür als Beweis angeführt werden können.

• Per Haekkerup, der ja immerhin der Fraktionsführer der Arbeiterpartei im Folketinget ist, verurteilte erst dieser Tage die amerikanische Politik in Vietnam mit einer Schärfe, wie man sie früher nie bei ihm bemerkt hat. Die Zeit sei nun gekommen, so sagte Haekkerup, daß auch die dänische Regierung sich deutlicher als früher von der amerikanischen Politik distanziere, die in eine unerhört gefährliche Situation geführt habe.

• Jens Otto Krag selbst sagte am 4. September in Sofia, „daß eine weitere Ausweitung der amerikanischen Operationen in Vietnam zu noch unübersehbaren Folgen führen müsse“. Er teile in diesem Punkt die Anschauungen des bulgarischen Ministerpräsidenten Zhivkov. Der bulgarische Regierungschef wurde zu einem Besuch Dänemarks eingeladen. Dänemark und Bulgarien haben den Visumzwang bei gegenseitigen Besuchen aufgehoben! Es ist das erstemal, daß es zwischen einem NATO-Mitglied und einem Land des Ostblocks zu einem solchen

Abkommen beziehungsweise Schritt kommt!

• Krag benützte die Gelegenheit, sich kräftig für eine Befriedung und Normalisierung des Verhältnisses zwischen Westdeutschland und den Ostländern einzusetzen. Dänemark habe noch niemals so gute Verbindungen mit Westdeutschland gehabt wie jetzt, sagte er. Westdeutschland habe keine Atomwaffen, und seine Regierung wolle auch keine haben. Der Neonazismus bilde keine Gefahr. Er wäre dankbar, wenn die bulgarische Presse das kräftig unterstreichen und sich nicht von einer Propaganda irreführen lassen wolle! Ostdeutschland werde man bis auf weiteres nicht anerkennen, doch die wirtschaftlichen Verbindungen entwickelten sich auf privater Basis sehr gut.

• Unmittelbar nach der Heimkehr Krags reiste eine neue Regierungsdelegation nach Rumänien ab, um dort, geführt von Landwirtschaftsminister Thomsen, die eingeleiteten Verhandlungen über eine technischkommerzielle Zusammenarbeit weiterzuführen. Thomsen führte erst knapp vorher Verhandlungen in der Tschechoslowakei.

So ganz resultatlos ist die Zusammenarbeit also doch nicht geblieben, wenn auch für die SF viele Wünsche noch offen bleiben!

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