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Dass es so schnell geht, damit hatten selbst die Organisatoren der Proteste nicht gerechnet. Kurz nachdem Zehntausende gegen die geplante Internetsteuer auf die Straße gegangen sind, hat Ungarns Ministerpräsident Orbán einen Rückzieher gemacht: "Wir sind ja keine Kommunisten, wir regieren nicht gegen, sondern mit dem Volk." Tatsächlich hat Orbáns fantasievolle Steuer- und Abgabenpolitik das Volk bisher begünstigt. Er hat Banken, Energiekonzerne und Medienhäuser zu einer Sonderabgabe gezwungen. Unternehmen, die sich widersetzen, droht er mit Verstaatlichung. Ausländern nimmt er entschädigungslos das Land wieder ab, das sie nach der Wende rechtmäßig erworben haben. Unmittelbar nach Korruptionsvorwürfen aus den USA, die in einem Einreiseverbot für ranghohe ungarische Regierungsvertreter gipfelten, kam Orbán die Idee, das (amerikanisch dominierte) Internet zu besteuern. Jetzt also der Rückzug: "Wenn das Volk etwas für unvernünftig hält, sollte es nicht gemacht werden." Ist dies etwa Populismus? Aber nein! Orbán beschreibt nur die realen Zustände. Seine Fidesz hat bei zwei Wahlen hintereinander eine 2/3-Mehrheit geholt, obwohl oder weil Orbán die Demokratie scheibchenweise beschneidet. Was jüngstens in der Aussage gipfelte, dass er von liberaler Demokratie sowieso nichts halte. Aber glaubt jemand ernsthaft, dies sei ohne politische Folgen zu haben? Bei der Internetsteuer ist Orbán erstmals eingeknickt. Ein Riesenerfolg für die Protestbewegung. Aber auch eine Verantwortung. Wenn das Volk mitregieren kann, warum steht es nicht auf, wenn es um die Demokratie geht? Sicher ist auch: Orbáns Gegenzug wird nicht lange auf sich warten lassen. Er braucht weitere Einnahmen, um seinen Status als wirtschaftlicher Sanierer aufrecht zu erhalten. Und er muss den Nimbus als starker Mann verteidigen.

Die Autorin ist Korrespondentin der ARD in Wien

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