Der unendliche Schein des Endlichen

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Georg Salner arbeitet immer seriell - was schwierige installative Präsentationen zur Folge hat, die viel Raum brauchen. Im Innsbrucker Ferdinandeum ist nun unter dem Titel "Multiple Identität“ ein Überblick über seine Arbeiten der letzten zwölf Jahre zu sehen.

Der aus Tirol stammende aber schon lange in Wien lebende Künstler Georg Salner ist nicht ganz einfach einzuordnen. Ist seine Basis in der Minimal Art zu suchen, in der Pop Art oder eher im Konstruktivismus? Im Prinzip weder noch und überall - gewürzt mit einer Prise Kunstgeschichte, die Salner in einer sehr zeitgenössischen Sprache formuliert. Allerdings auch das nicht explizit, denn in seinem jüngsten Katalog steht ein Zitat von Novalis am Beginn: "Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es.“

Mit diesen Gedanken vagabundisiert es sich dann auch ganz vortrefflich durch die Schau. Die am Ende des Katalogs zitierte Zeitungsannonce von Ernest Shackleton, der 1913 für seine Antarktisexpedition Männer suchte, aber außer geringer Heuer, bitterer Kälte, Dunkelheit und ständiger Gefahr wenig zu bieten hatte, zeigt einen anderen Anker Salners in der Realität.

Alles, nur nicht blau und grün

Zwischen diesen beiden Polen dürfte sich der Künstler wohl bewegen, ständig auf der Suche nach aktueller Ästhetik, die er als "kapitalistische Werteästhetik“ definiert. Dafür bereist er exotische Weltgegenden ebenso wie unwirtliche, saugt das Leben in Megacitys wie New York, Bombay, Kalkutta oder Peking in sich auf, und dafür plündert er auch alles, was ihm an Medien in die Finger kommt, fabriziert Collagen und transportiert diese dann, ganz traditionell in Öl auf Leinwand, in die Malerei. Es sind großformatige und sehr grafisch ausgearbeitete "Versatzstücke“, so Salner, versehen "mit Kürzeln der internationalen Kommunikation“. 9/11 und @ finden sich ebenso wie das Logo von Adidas oder LA und NY als Abkürzungen für Los Angeles und New York. Bei den großen Tafeln ist die Farbpalette sehr vielschichtig, reicht von schwarz, weiß und grau über Gelbvarianten und orange sowie Rosatöne und rot bis zu braun. Nur auf blau und grün wird verzichtet. "Das habe ich irgendwann beschlossen“, meint Salner lapidar.

Interessant wird es, wenn er Texte aus den Chatrooms in sein Farbsystem übersetzt, mit Farbcodes versieht und alphabetisch ordnet. "@bbrevi@tions“, so der Titel der Arbeit, entstand bereits 2001. "Die Kurzsprache wird zum Blickphänomen“, wobei es Salner aber, trotz der dazugestellten englischen Erklärung - NFW (no fucking way), OIC (oh I see) … - nicht um ein besseres Verständnis geht; er will mit dieser Arbeit "nur den Abkürzungsfimmel der anglizierten Welt und die Faulheit der Schreiber zeigen“, wie es Direktor Wolfgang Meighörner formuliert.

Das genaue Gegenteil von Faulheit findet sich bei seiner Arbeit "Units“, einer Serie von zwanzig Wandobjekten. Es sind Quader aus Plexiglas, deren Abmessungen sich auf eine vorangegangene Serie - "hemisphères“ - und auf die Maßhaltigkeit der Hemisphäre beziehen. Sie beinhalten jeweils eine Kreisfläche, die vom Künstler höchstpersönlich und per Hand gestickt wurde. Sehr untypisch, aber charmant.

Mit der Spiegeltextinstallation "hidden decision“, einer Fülle vieldeutiger, oft paradoxer Begriffe, werden einmal mehr bizarre Eigentümlichkeiten der zwischenmenschlichen Kommunikation thematisiert. Was hier mit Worten geschieht, formuliert Salner in "geoXplicit“, einer Serie von kleinformatigen, "schnellen“ Aquarellen, malerisch. Er wertet sie als tagebuchartige Aufzeichnungen.

Georg Salner: Multiple Identität

Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum

bis 20. Jänner 2013, Di-So 9-17 Uhr

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