Glasiert, doch fast nie blasiert

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Eduard Klablena: Die Wiederentdeckung eines früh verstorbenen großen Keramikers.

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Eduard Klablena: Die Wiederentdeckung eines früh verstorbenen großen Keramikers.

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Sie räkeln sich hingebungsvoll auf geblümten Kanapees und blicken dem Beschauer erwartungsvoll entgegen. Sie verstecken das Kinn im Pelzkragen und die Hände im mächtigen Muff, jenem so gründlich aus der Mode gekommenen Ding, dass man heutigen Lesern sagen muss, das es sich um eine Walze aus Pelz handelte, in der die vornehme Dame ihre Hände wärmen konnte. Sie sitzen auf einem Sofa und schauen drein, als wär gerade der Freund ins Zimmer gekommen oder lesen nackig in einem Buch. Die Damen aus der Hand des Töpfers Eduard Klablena sind zwar glasiert, wirken aber fast nie blasiert, sondern lebensfroh, manche unter einem Panzer von Schüchternheit, den wohl bald jemand durchbrechen wird, manche herausfordernd: Hoppla, jetzt komm ich.

In der Welle von Wiederentdeckungen halb oder ganz vergessener österreichischer Kunsthandwerker ist Eduard Klablena eine ganz besonders wichtige und köstliche. Wieder einmal geht die wissenschaftliche Erschließung parallel mit den Aktivitäten einer engagierten Galerie. Man kann daher Klablenas Keramiken bis 23. Dezember in der Galerie bei der Albertina auf dem Wiener Lobkowitzplatz bewundern, zugleich erschien, ebenfalls unter den Auspizien dieser Galerie, eine wissenschaftliche Dokumentation.

Wie bei so vielen, für die sich jahrzehntelang niemand interessierte, sind die Lebensdaten lückenhaft. Auch das Werk ist nur noch teilweise erfassbar. Um so verdienstvoller ist der Einsatz der Galerie. Gerade Klablena steht gleichwertig neben Michael Powolny, nur wenig hinter Vally Wieselthier, worin sich die subjektive Rangordnung des Rezensenten ausdrückt. Wie Vally Wieselthier wurde auch er nicht alt, sein früher Tod förderte das Vergessen. Klablena erlag 1933 mit 52 Jahren einer im Krieg eingefangenen Lungentuberkulose.

Seine Frauen erzählen uns emotional und unmittelbar mehr über das Leben in der Vor- und Zwischenkriegszeit als so mancher zeitgenössische Roman. Die andere große Werkgruppe sind, neben seinen schönen Vasen und manch anderem, Tiere. Da war Klablena ein Gigant der genauen Beobachtung und der ästhetischen Umsetzung, in die immer das Typische und Individuelle des Tiers eingeht. Und auch ein Quantum Komik. "Theaterdirektor" nennt er einen Raben, auch der "Lüstling" und der "Philosoph" sind sehr menschliche Vögel. Ebenso wie seine Affen und Papageien verraten sie eine grandiose Mischung von technischer Souveränität, Beobachtung und Feingefühl.

Eduard Klablena: Bildhauer und Keramiker 1881 - 1933.

Von Sabine Fellner, Mitarbeit Günter Temel. 112 Seiten,viele Bilder, Pb., öS 450,-/e 32,70 Eduard Klablena und die Wiener Werkstätte.

Verkaufskatalog. 80 Seiten, Pb., öS 250,-/e 18,17 Beide Werke: Galerie bei der Albertina,1010 Wien, Lobkowitzplatz 1 Beide Werke zusammen: öS 600,-

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