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Gottkönige und Mäzene

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Südostasien ist kulturell so heterogen, daß sich erst im Zweiten Weltkrieg der Oberbegriff Südostasien durchsetzte. Doch steht hinter dieser Vielfalt eine Einheit, die beim Blättern im großartigen Südostasien-Bildband der Beihe Ars antiqua ins Auge springt und auf die Beeinflussung durch Indien zurückgeht. In Phasen der Erstarrung empfing Indien wiederum von Südostasien belebende und befruchtende Impulse.

Das Bildmaterial aus Burma, Thailand, Laos, Kambodscha, Vietnam und Indonesien ist berückend, die Beiträge vermitteln eine Fülle von Wissen, wer sich für Asien und die asiatische Kunst interessiert, wird sich mit diesem Buch lange beschäftigen.

Freilich bleiben die Autoren auf sicherem kunsthistorischem Boden, geraten kaum in Versuchung, Querverbindungen zu Nachbardisziplinen wie Ökonomie und Soziologie herzustellen. Greifen wir das Kapitel heraus, das den Höhepunkt der nur zum Teil erfaßten Entwicklung der Begi-on und zugleich eine kulturelle Höchstleistung der Menschheit behandelt, nämlich Angkor. Die Frühgeschichte des Khmer-Beiches oder Reiches von Angkor liegt in tiefem' Dunkel, andererseits bieten die gigantischen Wasserrückhaltebecken der Khmer einen Ansatzpunkt, über den Zusammenhang zwischen Agrarproduktion und kulturellem Luxus nachzudenken. Thierry Ze-phyr deutet an, wie wichtig diese Anlagen waren, geht aber darüber nicht hinaus. Eine Auseinandersetzung mit den Berechnungen von Henri Stier-lin über die Freisetzung der für die gigantischen Tempelbauten nötigen Arbeiter durch das innovative Bewässerungssystem hätte den Text zu den Nachbarwissenschaften und einem besseren Verständnis der ökonomischen Voraussetzungen für das Mäzenatentum der Gottkönige geöffnet. Zum Nachdenken über Kunst im Dienste der Macht wiederum regt das Bayon an, der Tempel mit den 54 Türmen, von denen vier Gesichter in die vier Windrichtungen blicken - respektgebietend und in der Dämmerung selbst heute noch furchteinflößend, fast ein asiatischer Orwell-scher Großer Bruder.

Wer sich für solche Zusammenhänge interessiert, wird in diesem Prachtband mit herrlichem Anschauungsmaterial versorgt. Denken muß er selber. Wer sich der reinen Kunst ergibt, kommt ohne die geringste Einschränkung auf seine Bechnung.

SUDOSTASIEN ■ KUNST UND KULTUR

Reihe Ars antiqua - große Epochen der WeltkunsL Von Alberl Le Bonheur, Maud Girard-Geslan, Marijke J. Klok-ke, Donald M. Stadtner, Valerie Zales-ki, Thierry Zephyr. Verlag Herder, Freiburg 1993. 624 Seiten, 841 Illustrationen, davon 263 in Farbe, Ln., Subskriptionspreis öS 2730,-, sonst öS 3.042,-

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