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Ein neuer Tasso

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Goethes „Torquato Tasso“ hat in Wien seit alters her seine Heimstatt im Burgtheater. Seinem Großraum entspricht eine, Auffassung dieses Dramas als einet Tragödie der großen Form: ein Ich wird eingeformt in die strengen Verpflichtungen der großen Gesellschaft Alteuropas, deren Härte etwa zu Goethes Lebzeiten Mozart und zuvor Goethes eigener Vater erfuhr, der auf seiner Italienreise Bemerkungen über ein unmenschliches Verhalten des deutschen Adels notiert. Tasso also als ein Gesellschaftsdrama, im Hintergrund die Auflehnung Goethes gegen die große Form des Barock, dem er selbst doch noch tief verpflichtet ist. Goethe selbst hat in langen, leidenschaftlichen und schmerzergriffenen Jahren den „Tasso“ anders erlebt, erlitten: als eine Frucht seiner schwierigen Beziehungen zu Frau von Stein. Eben hier setzt die Auffassung an, die der neue Tasso im Akademietheater in der Regie Josef Gielens und der Gestaltung durch Oskar Werner so eindrucksvoll demonstriert.

Dieser Tasso ist nicht der bedeutende Dichter, sondern ist ein Jüngling, dem man das Herz bricht, und der mit den Feuerfunken seiner Enttäuschung die Bühne und den Zuschauerraum überlichtet, überflutet, so daß das Publikum, hingerissen von diesem Feuerzauber, im Taumel des Entzückens schier untergeht. Altere Herren erinnern an Kainz, jüngeren Damen erscheint hier das Unvergleichliche höchster Schauspielkunst. Neben diesem rhetorisch kunstvoll gebändigten Vulkan steht, ganz edler Herzog, der tiur verdeckt die List und Überhebungi des hohen Herrn spüren läßt, Fred Liewehr, steht Albin Skoda als Antonio, in dieser Auffassung des Tasso als eines Seelendramas mehr ein Bösewicht denn ein Mann der großen Ordnung. Aglaja Schmid gewandet die Prinzessin in die ihr wohlvertrauten Farben genormter Lieblichkeit, Sonja S u 11 e r stellt klug und gewandt Eleonore San-vitale als Freundin und hohe Frau einer höfischen und harten Zeit dar. Kein Zweifel: diese Aufführung wird auf Dauer sich auf den Brettern des Akademietheaters behaupten.

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