aurbruch 2 - © Stadtkino    -    Ludwig Wüst, Claudia Martini

"Aufbruch": Die Poesie verwundeter Seelen

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Kritik zu Ludwig Wüsts Meisterwerk "Aufbruch".

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Kritik zu Ludwig Wüsts Meisterwerk "Aufbruch".

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In einer Schlüsselszene von "Aufbruch" finden sich der Mann (Ludwig Wüst) und die Frau (Claudia Martini) in einer aufgelassenen Tischlerei wieder. Die beiden Zufallsbekanntschaften stranden hier zeitweilig, und er erzählt ihr von seinem Gesellenstück für die Tischler-Prüfung. Es war eine Truhe, sagt er, die wie ein Sarg ausgesehen hat.

"Aufbruch", Ludwig Wüsts jüngster Film, ist weit mehr als ein Gesellenstück, "Meisterwerk" ist jedenfalls keine falsche Charakteristik für die praktisch sprachlose Reise zweier in ihrer Existenz getroffenen Seelen, die für einen -im Film immerhin 103 Minuten langen -Augenblick aufeinander treffen. Jedenfalls ist Wüst hier ein Referenzfilm gelungen, der auch künftige Generationen von Filmfreunden beschäftigen wird. Minimalistisch zum Quadrat, eindringlich in den Bildern und in der Langsamkeit, ein betörendes Hineinziehen in eine nur scheinbar unspektakuläre Geschichte, die von zerborstenen Leben und noch mehr vom Tod handelt.

Rein zufällig begegnet der in einem Kabinenroller durch die Lande tuckernde Mann der verhärmten Frau, die gerade mit ihrem Bruder, der ihr am meisten nahestehenden Person, gebrochen hat. Auch er ist beziehungsverwundet, aber im Aufeinandertreffen der beiden entwickelt sich eine grandios poetische Geschichte, die zwischen kleinem, auch absurdem Humor und den großen Fragen der Menschen changiert. Und zugleich ein Kreuz-Weg -obwohl Wüst (siehe das Interview oben) den nicht religiös interpretieren will.

Vielleicht trifft es ja das Wort "numinos" besser, das zwar "Religion" im Wort vermeidet, aber doch auf deren existenziellen Gehalt verweist.

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