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Die Spielvögel

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Unermüdlich sind die Grazer „Spielvögel” in ihrem Keller: immer wieder bringen sie neue und meist auch sehenswerte kleinere Produktionen zeitgenössischer Autoren. Diesmal ging es um Cocteau und Hildesheimer. Ein kurzes annamiti- sches Drama •— „Die zu Unrecht verdächtigte Gattin” — wurde in der Nachdichtung Jean Cocteaus und durch die hervorragende Regie Herbert Platzers zu einem eindrucksvollen Erlebnis für den Zuschauer, der durch die rituelle monotone Starre von Diktion und Bewegung hindurch den tragischen Gefühlwert des Gedichts um so stärker spürte. — „Das Opfer Helena”, das man im zweiten Teil sah, ist ein Funkspiel von Wolfgang Hildesheimer, das der Regisseur Ingo Wampera für die Bühne bearbeitet hatte. Man merkt an manchen etwas zu lang geratenen Passagen zwar noch das Hörspiel, delektiert sich aber nicht schlecht an dem geistvollen Text, dessen Pointe darin besteht, daß der Raub der schönen Helena sich als ein von beiden Seiten langgewünschter Kriegsgrund herausstellt. Die Geprellte ist die männerverzehrende Gattin des sturen Soldatenschädels Menelaus, denn sie liebte die Männer, „aber die Männer liebten den Trojanischen Krieg”. Das ist keine pathetisch oder leitartikelnd vorgetragene, aber in ihrer satirischen Schärfe um so wirkungsvollere Anklage gegen den Unsinn des Krieges. Das Stück bietet eiin paar dankbare Rollen und verfügt über ein geradezu gjraudouxhaftes erotisches Flair, das man einem deutschen Autor Ear nicht zugetraut hätte.

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