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„Nostalgia“: Fremd in der eigenen Stadt

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Mario Martone taucht in „Nostalgia“ mit atmosphärisch dichten Bildern ins sozial zerrissene neapolitanische Stadtviertel Sanità ein.

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Mario Martone taucht in „Nostalgia“ mit atmosphärisch dichten Bildern ins sozial zerrissene neapolitanische Stadtviertel Sanità ein.

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Vierzig Jahre war Felice Lasco (Pierfrancesco Favino) im arabischen Ausland. Als Teenager hat ihn sein Onkel nach Beirut mitgenommen, in Kairo hat er sich ein Baugeschäft aufgebaut und lebt mit seiner Frau in einer schicken Wohnung. Jetzt kehrt er in seine Heimatstadt Neapel – oder genauer ins Viertel Sanità – zurück, um nochmals seine Mutter zu besuchen.

Bewegend ist die Begegnung mit dieser alten Frau. Man spürt in den zärtlichen Berührungen und Umarmungen, wie sehr sie sich vermisst haben, wie glücklich sie das Wiedersehen macht. Sofort mietet Felice für seine Mutter eine größere und hellere Wohnung. Wenig später ist die Mutter aber tot. Felice aber denkt nicht daran, abzureisen, obwohl sein Motorrad in Brand gesteckt wird und ihn eine Schmiererei in seiner Wohnung zum Verlassen der Stadt auffordert.

Der Priester des Viertels spürt, dass den Heimkehrer etwas bedrückt, doch erst nach längerem Zögern erzählt Felice von einer Jugendfreundschaft und einem traumatischen Erlebnis. Sein Jugendfreund ist inzwischen aber im Viertel der Boss der Camorra und der schärfste Feind des Priesters, der versucht, die Jugendlichen mit Sportangeboten und einem Orchester vom Verbrechen fernzuhalten und ihnen einen anderen Weg in die Zukunft zu weisen.

Solo für Pierfrancesco Favino

Auf Schritt und Tritt folgt Mario Martone in seiner Verfilmung von Ermanno Reas 2018 erschienenem Roman „Nostalgia“ Felice. Eine Paraderolle ist das für Pierfrancesco Favino („Il traditore“, „Auf alles, was uns glücklich macht“). Mit seinen Blicken und Gesten, die stets Wohlwollen und Güte ausstrahlen, sorgt er dafür, dass man schnell Sympathie für den wortkargen Mann entwickelt, der in Ägypten zum Islam konvertiert ist.

Spürbar wird auch, wie er den Bezug zu seiner Heimatstadt verloren hat, wenn er nach seinem seltsamen Akzent gefragt wird oder wenn ihm beim Einkauf bestimmte italienische Worte nicht mehr einfallen. Doch langsam wächst er wieder in diese Welt hinein. Immer wieder lösen so auch Gassen und Plätze Erinnerungen und damit Rückblenden aus, die durch das enge 4:3-Format von der Gegenwartshandlung abgehoben sind.

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