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Show-Down in einer vulgären Seifenoper

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Die deutschsprachige Erstaufführung des Stückes „900 Oneonta Street" von David Reaird im Grazer Schauspielhaus könnte ein Reißer sein. Ist es aber nicht.

Denn dieses Stück vom Sterben des reichen Mannes und der darauf folgenden Zimmerschlacht um seine Olmillionen ist eine Art Vulgär-Ver-sion amerikanischer Dramenanalytik samt Gerichtstag ä la Stammvater Ibsen. Die Figuren und ihre Konstellation kommen aus Tennessee Williams „Die Katze auf dem heißen Blechdach", wurden radikal ins Ordinäre verzerrt und aufs Kitschniveau der Seifenoper abgesenkt.

Den banal ideologisierenden Schlußschnörkel kennt man aus Ernst Kreneks „Jonny spielt auf": die verachteten „Nigger" erben die Millionen des weißen Mannes. Aller Dreck der Menschheit ist auf eine Familie konzentriert; es gibt nichts, was hier noch nicht passiert wäre an Gewalt, Inzest, Suff und Drogenmißbrauch. Dementsprechend klingt auch der übersteigerte Naturalismus einer wahren Fäkal- und Coital-Sprach-Orgie, in der sich der simple Text ergeht.

Primitive Kitsch-Symbolik und leitartikelnde Banalitäten verweisen diesen unguten Mix aus Tennessee Williams und Soap-Opera ins Reich der Parodie. Begisseur Lutz Graf nahm die Sache indessen blutig ernst und zelebriert den nicht endenwollenden Plunder mit langweilender Sorgfalt. Wozu der Broadway-Schinken ins Deutsche übersetzt wurde, bleibt vorderhand ungeklärt.

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