The Quiet Girl.jp - © Polyfilm

„The Quiet Girl“: Eine lieblose Kindheit in Irland

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Carrie Crowley spielt Cáit in Colm Bairéads Literaturverfilmung.

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Carrie Crowley spielt Cáit in Colm Bairéads Literaturverfilmung.

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Wenn Cáit ins Bett macht, flüchtet sie sich unter das Bettgestell. Dort liegt sie wie von Scham und Kälte erdrückt, während sich vor ihr drohend die Füße der Mutter aufbauen. Mit wenigen, ausdrucksstarken Strichen zeichnet „The Quiet Girl“ eine lieblose Kindheit in Irland. Dabei inszeniert der Film, der auf Claire Keegans Erzählung „Foster“ basiert, das Verhalten der Eltern unaufgeregt. Er schildert aus Cáits Perspektive: Das Mädchen ist gewohnt, dass es der Mutter zur Last fällt. Dass sich sein Wert an der Arbeitskraft bemisst. Das Lebensgefühl in gedrängten Verhältnissen teilt sich über sprechende Bilder mit; es spiegelt sich in niedrigen Decken, Cáits Platzierung in engen Rahmungen, vielen Schatten und wenig Licht. So nimmt es die Tochter klaglos hin, dass sie vor der Niederkunft der schwangeren Mutter zu Verwandten weitergereicht wird. Dort erlebt sie unvertraute Freundlichkeit.

Colm Bairéad preisgekrönter Film erfasst einfühlsam den Kern des Anliegens der irischen Autorin, der von den Darstellerinnen und Darstellern prägnant zum Leben erweckt wird. Hier wird kein Kind in die Rolle des kleinen Erwachsenen gedrängt, der durch Stärke die Unfähigkeit seiner Eltern vergessen machen soll. Sondern Erwachsene, obgleich selbst traumatisiert und spröde agierend, wenden sich ihm fürsorglich zu im Wissen, dass ein Kind der Zuwendung, Anleitung und eines Alltags bedarf. Bairéads außergewöhnliche Literaturverfilmung nimmt den Text ernst und übersetzt ihn filmisch adäquat. Ein Glücksfall.

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