7134339-1997_40_19.jpg
Digital In Arbeit

Kein Land in Sicht

Werbung
Werbung
Werbung

Bei älteren Stücken, die kaum auf Spielplänen aufscheinen, ist Vorsicht geboten. Nur in seltenen Fällen gelingt es begnadeten Regisseuren, daraus packende Theaterabende zu machen, meist hat es seinen Grund, warum so ein Drama auf der Bühne nicht reüssieren konnte.

In der Wiener Josefstadt bestätigt „Haus Herzenstod” von George Bernard Shaw diese Weisheit. Shaw, der sich als „Spezialist für unmoralische und ketzerische Stücke” sah, in seinen Dramen I landlungen „wie die Pest” vermied, „Großteile der weitverbreiteten Moral in ökonomischer und sexueller Hinsicht für katastrophal falsch” hielt und versuchte, „die Nation zu meiner Meinung in diesen Belangen zu bekehren” (Zitate aus dem Programmheft), hat sich mit diesem Opus übernommen und der Regisseur

Christof Loy auch. Das während des Ersten Weltkrieges entstandene, aber erst 1920 uraufgeführte Werk ist als Spiegel der damaligen englischen Gesellschaft schlicht überholt. Die Inszenierung hinterläßt allzugroße Ratlosigkeit - seemännisch gesprochen: kein Land in Sicht.

Mit der ersten Premiere im großen Haus erleidet der neue Direktor Hel-muth Lohner, den offenbar die Bombenrolle des Kapitäns Shotover gereizt hat, in allen Ehren Schiffbruch. Das Ensemble spielt und spricht vor allem ausgezeichnet (neben Lohner beeindrucken vor allem die talentierte Eva Maria Neubauer und Nicolin Kunz), doch einige starke Szenen, das Anreißen vieler Probleme, etliche typische Shaw-Pointen reichen nicht für einen großen Theaterabend. Neben den Schwächen der auftretenden Personen demaskiert Shaw hier auch seine eigenen Blossen als Dramatiker.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung