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Frauenpoesie aus Montevideo

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Montevideo ist die Wiege der von Frauen geschriebenen .modernen Poesie in Lateinamerika mit dem Dreigestirn Uruguays: Maria Eugenia Vaz Ferreira (1875-1924), Delmira Agustim (1886-1914) und Juana de Ibarbou-rou (1892-1979). In dieser rasanten Poesietradition hat die „weibliche” Literatur eine gewichtige Bedeutung und einen gewachsenen Entfaltungsspielraum. Idea Vilarinos zentraler Gedichtband heißt im Original „Poemas de amor”, erstveröffentlicht 1957 und mittlerweile in zwölf Auflagen erschienen. Er bildet den Kern des Auswahlbandes „An Liebe”.

Ihre Liebesgedichte gehen auf die unmögliche, leidenschaftliche, unerwiderte und verschlampte Beziehung zum uruguayischen Romancier Juan Carlos Onetti zurück, dem sie immer wieder Gedichtbände gewidmet hat.

Die verwaiste Liebe als nächtlicher Ort der Abwesenheit und verlorenen Einsamkeit wird in schlichter Blöße zelebriert, recht unsentimental, karg, desillusioniert, mitleidlos, auch und gerade gegen sich selbst:

„Es ist alles ganz einfach viel / einfacher und trotzdem / auch so gibt es Augenblicke / in denen es mir zu viel wird / in denen ich nicht verstehe / und nicht weiß, ob ich laut lachen / oder vor Angst weinen soll / oder ohne Worte / ohne Lachen / still dasein / mein Leben annehmen / meine Durchreise / meine Zeit.” („Es ist alles ganz einfach”)

Idea Vilarino versteht es, sich zwischen zwei Abgründen hindurchzu-dichten, wie es der argentinische Kritiker Luis Gregorich trefflich bemerkt: „Nur ein wenig mehr Pathos, und wir hätten die Larmoyanz, den Trübsinn, das Schmachten. Nur eine Spur weniger Pathos, und wir hätten die Bedundanz, die Erschlaffung.”

Der Herausgeber Erich Hackl hat sich als „Fremder” nach Uruguay aufgemacht und Idea Vilarino besucht, „verwundet von der Wahrheit ihrer Gedichte, (...) um der Autorin für diese Wunden zu danken”. Unter seiner umsichtigen Regie werden noch weitere lateinamerikanische Gedichtbände, etwa aus Guatemala und Argentinien, in der „Aurora Bücherei” erwartet; auch von europäischen Autoren wie den Italiener Franco Fortini, den Katalanen Joan Brossa oder den Meister des Sonetts aus Alicante: Miguel Hernändez. Mit den Liebespoemen von Idea Vilarino ist der Qualitätsmaßstab angesetzt worden, der das Profil dieser neuen Poesie-Bibliothek gut vorzeichnet.

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