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Unkonventionelle Liebesgeschichten

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Zehn Geschichten über die Liebe von der russischen Autorin Vik-torija Torkajewa demontieren konventionelle Vorstellungen des Lesers. Dies aber keineswegs zwingend, sondern als Angebot. Der epische Blick auf die Vielfalt des Lebens lädt ein, über die Liebe nachzudenken. Menschen unterschiedlichster gesellschaftlicher und kultureller Zugehörigkeit bevölkern diese Liebesprosa: Mädchen im Mittelschulalter, ein Kinderarzt, eine Erfolgsjournalistin.

Alle Hauptfiguren sind plastisch gezeichnet, treten in Dialoge und machen eine Entwicklung durch, einen qualitativen Sprung im Empfinden und Verständnis der Liebe. Torkajewa beschreibt die Realität der russischen Gesellschaft auch in ihrer historischen Tiefe: „In den siebziger Jahren begann der Bau der Baikal-Amur-Eisenbahn, der BAM. Ein alternder Sänger mit Doppelkinn sang im Fernsehen: Bam, bam, bam, bam, bam - das singen Millionen.”

Wie die unbelebte und belebte Natur Gesprächspartner der menschlichen Protagonisten wird, das erinnert an Dostojewski - genauso wie der manchmal angeschlagene Ton der unausweichlichen Tragik der kleinen Frau, des kleinen Mannes. Die treffliche literarische Gestaltung der halbwüchsigen Mädchen läßt an J.D. Sal-lingers „Fänger im Roggen” denken, nur, daß sie dort mit den Augen des männlichen Erzählers Holden gesehen werden, während sie hier ihr Leben selbst schildern können. Indem die Erzählerin die Perspektive eines Jugendlichen oder Kindes einnimmt, scheint sie beinahe aus sich selbst herauszutreten.

Dies findet man in Österreich bei der Vorarlberger Schriftstellerin Monika Helfer, die gleichfalls versteht, ihren jungen Protagonisten eine der Wahrnehmung der Kinder gemäße Sicht der Welt zu geben. Die Schriftstellerin Viktorija Tokarjewa schreibt eine Prosa, die bisweilen in der Frequenz der Pointen die Geschwindigkeit eines Feuerwerks gewinnt, was einen einmaligen Lesegenuß erzeugt

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