Brückenschlag: "Wir wollen beide hier leben" von Amal Rifa'i und Odelia Ainbinder

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 "Wir wollen beide hier leben", unser Lektorix des Monats.

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Die muslimische Palästinenserin Amal und die Israelin Odelia, beide 17 Jahre alt, haben sich im Jahr 2000 auf einer von "Peace Child Israel" organisierten Reise in der Schweiz kennen gelernt, nach dem Beginn der "Al-Aksa-Intifada" aber wieder aus den Augen verloren. Erneut zusammengeführt hat die beiden Mädchen die langjährige Nahostkorrespondentin Sylke Tempel. Sie ermutigte Odelia und Amal zu einem langen Briefwechsel.

Aus den im Herbst 2002 in Englisch und damit mit gleichem sprachlichen "Handicap" verfassten Briefen ist ein politisches Sachbuch entstanden, das, je länger man darin liest und je näher man damit den beiden Jugendlichen kommt, immer spannender und zugleich informativer wird. Erstaunlich ist zunächst, wie wenig beide über das Leben der anderen bzw. des anderen Volkes wissen. Viele Vorurteile und Klischees finden sich, viel an Parteinahme und einseitiger Sichtweise. Bedingt durch den Briefwechsel, der ja ständigen Dialog voraussetzt und ständiges Widerwort bereithält, wird hier aber alles einer gegenseitigen strengen Prüfung unterzogen. Versöhnlich klingen da beide oft nicht, sie schenken einander nichts. Halten sich aber auch nicht bei kleinlichem Aufrechnen und Vorwerfen der tagespolitischen Geschehnisse auf; über die großen Themen wie Religion, Tradition, Familie, Schule, Armee und Wehrdienst schreiben sie einander und ringen dabei um das Verständnis der anderen. Nicht immer erfolgreich. Dass Odelia den Militärdienst antreten wird, dass Amal demnächst heiraten wird: Nur zwei - allerdings große - Entscheidungen von vielen, bei denen das gegenseitige Verständnis an Grenzen stößt.

Dennoch klingt bis zum Ende des Buches eine zarte Freundschaft, zumindest Toleranz an. Oder wie Sylke Tempel in ihrer Einleitung schreibt: "Amal und Odelia verloren zu keinem Zeitpunkt ihre Offenheit für die Perspektive der anderen oder den Respekt und die Zuneigung füreinander. Das ist wesentlich mehr, als die politischen Führungen der Palästinenser oder Israelis in den letzten Jahren vollbrachten."

Ein Buchtipp von STUBE, Institut fürJugendliteratur und DIE FURCHE.

Wir wollen beide hier leben. Eine schwierige Freundschaft in Jerusalem.

Von Amal Rifa'i und Odelia Ainbinder mit Sylke Tempel. Deutsch von Julia Kühn und Sylke Tempel. Rowohlt Verlag, Berlin 2003. 174 Seiten, geb., e 15,40

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