Werbung
Werbung
Werbung

Die Figur des Hochstaplers hat in der Literatur, erinnert sei nur an Thomas Manns unvollendet gebliebenen "Felix Krull“, meist etwas Humoristisch-Leichtes - hochgestapelt wird aus gewitztem Kalkül, um sich Vorteile zu verschaffen.

Rachel van Kooij akzentuiert den Ich-Erzähler in ihrem Jugendroman deutlich anders: Bereits als Kleinkind muss er seine Identität ändern, als sein Vater, Chef einer mittellosen Truppe von Wanderschaustellern, ihn mit seinem Bruder verwechselt. Als ihm aus diesem Versehen heraus die Rolle des gelehrten Dottore zugeteilt wird, entdeckt er sein Talent zum Auswendiglernen - das er in weiterer Folge noch variantenreich einzusetzen weiß.

Ureinwohner Formosas

Denn nachdem er sich als junger Mann in den politischen Wirren des ausgehenden 17. Jahrhunderts zunächst mit Mönchskutte gekleidet als irischer Pilger, dann als japanischer Prinz ausgibt, erfindet er sich schließlich jene Rolle, die ihm zu großer Berühmtheit verhilft, und die er mit viel Liebe zum Detail immer wieder neu ausschmückt: ein Ureinwohner Formosas, der von Jesuiten nach Frankreich verschleppt wurde.

Als retrospektive Lebensbeichte erzählt kommen zahlreiche Aspekte des Lebens in lang vergangener Zeit zur Sprache, von willkürlichen Zwangsrekrutierungen junger Männer als Soldaten bis hin zur Schwierigkeit, jemanden der Lüge zu überführen, der seine Position so selbstsicher und fantasievoll behauptet. Schade nur, dass im ansonsten sehr gelungenen Buch weder der durchaus verwirrende historische Kontext noch das reale Vorbild für die Hauptfigur, ein Mann, der als George Psalmanazar in die Geschichte einging, näher erklärt wird; das bleibt eigenen Recherchen der jugendlichen Leser und Leserinnen überlassen.

Menschenfresser George

Das abenteuerliche Leben eines Hochstaplers

Von Rachel van Kooij

Jungbrunnen 2012

352 S., geb., e 22,60

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung