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Eine JournalistenkomOdie

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Der bekannte katholische Schriftsteller Schwedens Sven Stolpe hat eine Komödie, „Klar a“ betitelt, geschrieben, von der schon, ehe sie uraufgeführt wurde, viel gesprochen wurde. Nicht weniger als di ei Bühnen, darunter Stockholms Stadttheater (Dramaten) und das Stadttheater von Upsala, erhoben auf die Welturaufführung Anspruch. Schließlich erhielt U p-s a 1 a das Vorrecht. Hier fand also vor kurzem die Premiere statt.

Die Entscheidung hat ihre Berechtigung, da sich das Stück stark mit der Universitätsstadt beschäftigt, ja eine halbe Satire uf sie ist. Wohl spielt es nicht dort, londern in „Klara“, einem inneren Bezirk Stockholms, der im Mittelalter St. Klara hieß; zu Ehren der Heiligen, die nach der Regel des heiligen Franziskus das erste Normenkloster gründete. Das heutige „Klara“ ist aber das Zeitungsviertel der 5tadt, und Stolpes Komödie spielt in allen fünf Akten in der Redaktion eines Abendblattes, wo Sensationsnachrichten fabriziert werden. Die Zeitung lebt von ihnen, und auch die Karriere der Redakteure hängt mehr oder weniger von der Eignung zu Skandalschreiberei ab. Außerdem ist „Klara“ der Stadtteil, wo architektonisch die gründlichsten Modernisierungen stattfanden: seit Jahren wird dort gesprengt, gegraben, gebaut. Zwischen diesen beiden Polen einer romantisch-sehnsüchtigen Per-sjjfktiyjBb guf das mittelalterJicJbe^f.Klara^, WStoHWUSI der Sfelje^nf^, däjtfzj, d^pAbendtyUttpresse.: mit zweifelhaften Druckerzeugnissen rotiert!' wo Glocken tönten, während jetzt der Lärm der Preßluftbohrer unerträglich durch die Fenster dringt, bewegt sich Stolpes Stück.

Der Held — die Komödie hat zehn Personen — ist Dr. Harald Bracke. Er kommt von Upsala, wo er, wie sein auf der akademischen Laufbahn verunglückter Vater, Intrigen zum Opfer fiel und davon so enttäuscht wurde, daß er seine Studien dort nicht länger fortsetzt. Statt dessen beginnt er in dem erwähnten Abendblatt eine journalistische Tätigkeit und rückt mit Hilfe von Material, das anscheinend schmutzige Affären aufdeckt, schnell zum Chefredakteur vor. Da sich aber heraus stellt, daß die Skandalgeschichten nicht stimmen und also ein Verleumdeter das Opfer für Brackes Karriere bringen muß hält er es mit seiner Ehre nicht vereinbar, das Spiel fortzusetzen, und geht. Die Sekretärin hilft ihm dabei: dies die Liebesgeschichte des Stückes. Weder die Universität noch die Zeitungsredaktion können ihn auf die Dauer halten. Er ist ein Dichter, der die Freiheit liebt, oder ein Revolutionär, der Belastungen von sich wirft. Wird er Erfüllung finden?

Die Komödie verläuft weder pathetisch noch sentimental, sondern geschickt am Rande des Tragischen: oft anmutig und humorvoll. Wir stehen vor gut organisierten Akten, wie sie heute nicht so bald geschrieben werden. Schwedische Original aus der Zeitungswelt, wie der Chefredakteur oder das Dienerpaar Axelsson und Lemmelberg. werden köstlich geschildert. Der erste Akt, wo dem Chefredakteur voi allem darum zu tun ist, daß seine Zeitun* als erste den bevorstehenden Tod des Nobelpreisträgers Hemmingsson meldet und die Verwicklungen, die sich daraus ergeben, gehören zu den unterhaltendsten Partien.

Trotzdem ist es dem Autor ernst mit seiner Komödie. Hinter den Sensationen Spaßen, treffenden Repliken, der Zeit- und Lokakatire, hinter dem gut gezimmerter Gebäude der fünf Akte mit ihren schnell wechselnden, für die Drehbühne berechneten Szenen verbergen sich Erfahrungen autobiographischer Natur. Man weiß sehi gut in Schweden, daß Stolpes Verstimmung gegenüber Upsala auf der nicht erfolgtet Anerkennung einer wissenschaftlichen Arbeit beruht, die er geschrieben hat. Mar weiß auch, daß seine Kenntnisse (und Enthüllungen) der Zeitungsredaktion aus dei Zeit stammen, da er als Kulturskribent a einer solchen Redaktion tätig war. Stolp ist außerdem seit vielen Jahren ein öffentlich si:h bekennender Christ. Und daraul läßt sich seine Kritik einer Presse zurückführen, die wenig moralische Bedenken hat Es ist möglich, daß er, seinem Temperament entsprechend, über das Ziel schoß, Wahcfcb^üjltcb werdejk.mejir oder wenige! gehaj#i$:hje; Eiwiderungefl-^en SjMrKen dieser Urauf.fühqjrjjg. folgen,;'// •**.)

Das Wesentliche bleibt doch, dal! „Klara“ über ihren Skandalcharakter hinaus ein dichterisches Spiel mit einem neuen, reichhaltigen und zeitgemäßen Stoff ist. Es sieht so aus, als ob dies Premiere den schwedischen Frühherbst dominieren würde: nach Upsala wird Stockholms „Dramaten“ die Komödie bringen.

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