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Ergötzliche Muse

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PHILLIS UND PHILANDER. Gereymter Venus-Spihgei im baroquischen Geschmakk von einem ohngenannten, aber nicht ohn- bekannten AUTORE. Herauss geben und mit so gelahrten als nuzzbaren Anmerckungen versehen durch Herrn Peter Squentz. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart. 10 Seiten. Preis 20.— DM.

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PHILLIS UND PHILANDER. Gereymter Venus-Spihgei im baroquischen Geschmakk von einem ohngenannten, aber nicht ohn- bekannten AUTORE. Herauss geben und mit so gelahrten als nuzzbaren Anmerckungen versehen durch Herrn Peter Squentz. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart. 10 Seiten. Preis 20.— DM.

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Wenn ein zeitgenössischer Autor mit bewundernswertem Können lateinische Gedichte schreibt, kann es ihm nicht schwerfallen, auch mit solchen in baročkischer Manier (freilich nicht ohne Hintergedanken zu unserer Zeit) aufzuwarten. Das heißt in einer Sprache, die zwar pompös und faltenreich, aber zugleich „saftig-unbefangen und unpapieren-anschaulich“ wirkt. Die mehr als drei Dutzend Sonette, Sinn-Gedichte, Oden und Lieder, die der Schäfer Philander an die schöne Schäferin Phyllis richtet, sind bis züm Rande voll von natürlicher Lebensfreude und übermütiger Heiterkeit, doch lassen sich die ernsteren Töne dahinter (nach einem mörderischen Krieg) kaum überhtren. Nicht zuletzt sei es dem Autor, wie er erklärt, ums Protestieren gegangen: „einerseits gegen Prüderie und Muckertum, anderseits gegen die zeitgenössische Mode, den

Nabel der Welt mit kruden Obszönitäten fünfundzwanzig Zentimeter tiefer zu rücken“. Weshalb denn auch sein Eros den plumpen, brutalen Sex von heute turmhoch überragt. Die den kunstvollen Versen beigegeben „gelahrten und nüzzligen Anmerkungen“ mögen durch zwei Proben demonstriert werden: „MORPHEUS — bey den Griechischen der Gott des Schlaffs / als welchem mit besondrem Eyffer in den Lehr-Sälen der Philosophen ge- opffret worden. — SAPIENTIA — bey den Alten die Weisheit in Persona; warumb sie weiblichen Geschlechts / ist ein biss auff den Tag nicht gelöstes Problema-.“ Der drucktechnisch hervorragend gestaltete Band ist mit schönen barocken Vignetten geschmückt. Er bietet eine höchst vergnügliche Lektüre.

Im Vertrauen: Hinter der Maske des Alamode-Cavaliers Philander und des gelehrten Pseudonyms Peter Squentz verbirgt sich Josef Eberle, Herausgeber der „Stuttgarter Zeitung“ und poetą laureatus der Universität Tübingen.

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