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Fremde Rhythmen, virtuose Musik

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Ihaaß Kolaric, Du haaßt Kolaric -Warum sagn's zu Dir Tschusch?" Eine Plakataktion konnte die Frage vor Jahren nicht beantworten. Von den Namen, vom Äußeren ist nicht auszumachen, wer von den Musikern der Türke, der Albaner und Kroate oder einer der vier Österreicher ist. Für die ist es eine Ehre, bei den „Tschuschn" mitzuspielen: „Musik aus der Tradition, aber wir wollen nicht in der Tradition hängen bleiben." Wieder einmal passiert es, daß orientalische Instrumente, fremde Rhythmen und Sprachen in die Wiener Musik einfließen. „Tschuschn seid's ohnehin", meinte einer der ersten Zuhörer und hatte damit die Namensgebung der „Tschuschn-Kapelle" vollzogen.

Sich kennengelernt und zu spielen begonnen haben die sieben im Verein zur Betreuung für Ausländer, anfangs zum Spaß. Den konnte auch der mit dem Spielen verbundene Verdienst nicht vertreiben. Spaß und Spielfreude währen vom Abend bis in die späten Morgenstunden, lassen Muskelermüdungen vergessen. Der Geiger aus Albanien spielt nach dem *„Tschuschn-Fest" im Grazer Minori-tenkloster als Substitut bei den Wiener Philharmonikern. Wenn sich das Umkleiden nicht ausgeht, gleich im Frack.

Nur einer, Slavko, der Kroate mit der Opernstimme und dem Schlapphut, ist ausschließlich „Tschusch" -in der Kapell'n. Die übrigen spielen in anderen Ensembles: beim Dschungelorchester, im Bühnenorchester der Bundestheater und im Theater der Jugend, Jazz im „Porgy und Bess", oder sie unterrichten.

„Unter den 100.000 Möglichkeiten war die Frage, welches unser Weg ist." Einer zwischen Rembetiko und Wiener Lied, zwischen .traurigsehnsüchtigen Roma-Liedern, kroa-, tischen Tänzen und ungarischem Csardas. So virtuos, daß sie John Eliot Gardiner für seine Aufnahme der „Lustigen Witwe" engagierte.

Jeder von ihnen hat seine eigene Musik- und Lebensphilosophie: „Je mehr du denkst, desto schlechter spielst du", sagt Slavko und „Man muß sich scheiden lassen, solange man sich noch liebt." Das „Macedo-nia" in der Laimgrubengasse im 6. Wiener Gemeindebezirk ist ihr Stammbeisl, sie spielen im „Celeste" und in der „Kulisse".

Wenn sie am Wiener Südbahnhof spielen, gibt's viel mehr Echo und auch Geldscheine als in der Kärntner Straße. Alljährlich sucht Studio Wien ein funktionierendes Miteinander -in den letzten Jahren drehten die Fernsehleute am Ottakringer Brunnenmarkt und bei Chinesen in Wien. Heuer haben die Gestalter Hermann Sternath und Augustine Wöss die „Tschuschn Kapelle" begleitet und Spiel-Freunde entdeckt. ORF 2 sendet „Miteinander - die Wiener Tschuschn Kapelle" am Freitag, dem 8. Dezember um 13.10 Uhr.

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