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Für Daheimgebliebene

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Wie man hört, nennen ihn manche Kollegen Otti, den Herrn Opern-Oberspielleiter und einstigen TV-„Untermieter“. Das ist eigentlich eher eine feminine Namensform, der Otti, recte Otto Schenk, ließ sich's denn auch trotz Hundstagehitze nicht verdrießen, zur Abwechslung in Frauenkleider zu schlüpfen. Und zeigte uns wieder einmal, was für ein Urkomö-diant er ist. Nicht nur zur Sommerszeit.

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Wie man hört, nennen ihn manche Kollegen Otti, den Herrn Opern-Oberspielleiter und einstigen TV-„Untermieter“. Das ist eigentlich eher eine feminine Namensform, der Otti, recte Otto Schenk, ließ sich's denn auch trotz Hundstagehitze nicht verdrießen, zur Abwechslung in Frauenkleider zu schlüpfen. Und zeigte uns wieder einmal, was für ein Urkomö-diant er ist. Nicht nur zur Sommerszeit.

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Strohwitwern und anderen Daheimgebliebenen ist im Theater in der Josefstadt ein vergnüglicher Abend j sicher. Unbeschwerte Unterhaltung, auf die Jahreszeit maßgeschneidert: Zwei Einakter, an komischer Wirkung gut aufeinander abgestimmt. „Herzliches Beileid“, eine Farce aus der renommierten Pariser Maison Georges Feydeau, unverbrauchter Spaß der Belle Epoque, läßt hinter Ulk und Witz das im Grund Strind-bergisehe einer Ehesituation durchschimmern. Irgendwann einmal werden der kleine Beamte mit den großen Rosinen im Kopf und seine launenhafte Frau einander aufreiben. Schenk gibt diesem Petit Bourgeois, der im Morgengrauen vom Kostümfest nach Hause kommt, das Schwerfällige, dosiert die Mischung zwischen dem Nachgenießen des „Ausbrechers“ und der Aschermittwoch-stlmmung einer Rückkehr in die gewohnte Alltäglichkeit. Ein Sonnenkönig gehört nicht ins Regenwetter. Renie Michaelis als seine reschere Hälfte: Ein aus dem Schlaf aufgestörter Minihausdrachen mit Sex und der Attitüde einer „Gnädigen“. Hans Hollmann: Ein distinguierter Herrschaftsdiener, der sich mit seiner Todesnachricht in der Adresse geirrt hat. Köstlich Elisabeth Anäer-gast, als treues altes Dienstmädchen, dem man nachfühlen kann, daß es an Kummer gewöhnt ist. Hermann Kutschers Regie schlägt Kapriolen und entfesselt alle Turbulenz dieses Notturno.

Nestrows Posse „Zeitvertreib“, von Hans Weigel eingerichtet und ebenfalls von Hermann Kutscher locker msizeniert, ist in manchen Zügen eine Paraphrase auf „Das Mädel aus der Vorstadt“ und ein handfestes Stück, wenn man für die Rolle des Dieners Bumml eben einen Schauspieler wie Schenk zur Verfügung hat Das Moment der Verkleidung tritt hier noch drastischer in den Vordergrund als bei Feydeau: E''n junger Luftikus, wesen seiner Schulden im Hausarrest, schlüpft kurzerhand in die Toilette seiner Tante, der Bediente verwandelt sich flugs ins Stubenmädchen und unter

dem Vorwand, eine Werkstätte zu betreiben, lassen die beiden etliche „Weißnäherinnen“ kommen, gleich sieben. Das kann nur Verwicklungen geben, doch der Gefoppte dabei ist letztlich der Hausherr, der alte Steiger. Schenk ist natürlich ganz in seinem Element, ein Vorstadit-Pan in Weiberkitteln, der den g'schmacki-gen Nadelnymphen nachstellt, am besten aber in der hingelispelten Liebesszene mit Tony Nießner, dem man den angegrauten reichen Reue vom „Grund“ glaubt. Hans Hollmann gibt der Rolle des jungen leichtsinnigen Kavaliers die Sanguinik eines merkurischen Naturells. Nett und adrett als wienerische Grisetten: Elga Weinberger, Brigitte Swoboda, Sylvia Manas, Ingrid Kohr, Bettina Busson, Evelyn Frick-Faber und Renate Kastelik. Für beide Stücke entwarf Gottfried Neumann-Spallart originelle Bühnenbilder, Hill Reihs-Gromes konnte vor allem bei Nestroy hübsche Kostümeinfälle realisieren. Resümee: ausgezeichnete Stimmung diesseits und jenseits der Rampe.

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