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Stephen Jay Gould, einer der führenden Evolutionsbiologen und Paläontologen und Harvardprofessor, fasst in spannender, leicht verständlicher Form naturwissenschaftliche Erkenntnisse in geistreichen Essays zusammen. Im Mittelpunkt der virtuos konstruierten Geschichten stehen Charles Darwin und seine Evolutionstheorie, welche gerade in letzter Zeit durch "christliche Fundamentalisten" (Kreationisten) in den usa schon wieder oder noch immer in Frage gestellt wird.

Noch 2005 ist es in einigen Bundesstaaten der usa möglich die Evolutionstheorie als "spekulative Hypothese" anzusehen und demgegenüber die Schöpfungsgeschichte der Genesis wörtlich zu interpretieren. In den Schulbüchern dieser Bundesstaaten fehlen die gesicherten Erkenntnisse der Naturwissenschaften der letzten 150 Jahre!

Dass sich kein namhafter Naturwissenschaftler zur Verteidigung der Evolutionstheorie vor Gericht gefunden hat, bestätigt die Notwendigkeit der Bücher von Gould.

Brillant zeigt der Autor aber auch Fehler und Irrtümer großer Naturwissenschaftler auf, die durch Vorurteile, übernommene Regeln und Konventionen zu falschen Schlüssen kommen, immer jedoch schreibt er darüber mit viel Witz, Humor und Optimismus und verknüpft das Wissen mit persönlichen Anekdoten.

Den Abschluss bilden - da es sich hier um eine übrigens ausgezeichnete Übersetzung aus dem Amerikanischen handelt - vier persönliche Essays des Autors zum 11. September 2001, welche er als New Yorker, mit einer Wohnung nur einige Häuserblocks vom World Trade Center entfernt, hautnah erlebt hat. Leider wird dieses Buch das letzte dieses großen "Geschichtenerzählers" bleiben, da Stephen Gould 2002 verstorben ist.

Dass auch er nicht frei von falschen Überlieferungen und tradierten Geschichten ist, zeigt der Beitrag, in dem er auf die mittlerweile längst widerlegte und auch historisch nicht belegbare Begebenheit der Bestattung Mozarts in einem "Armengrab" eingeht. Dass dies eine der Regelungswut Kaiser Josephs II entsprungene, damals übliche Form der Bestattung (Mehrfachverwendung von Särgen) war, ist ihm leider entgangen.

Sich die geistige Freiheit und die Möglichkeit des ständigen Hinterfragens scheinbar gesicherter Tatsachen zu bewahren, ist aber der Optimismus, den man nach dem Lesen dieses Buches mitnehmen wird. Die Menschheit entwickelt sich weiter, auch und vor allem gegen den Widerstand der Bewahrer und Bremser.

Das Ende vom Anfang der Naturgeschichte

Von Stephen Jay Gould

S. Fischer Verlag, Frankfurt 2005

510 Seiten, geb., e 25,60

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