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So idyllisch der Name Villa Strandlust klingt, so hart sind die Schicksale, die unterschiedliche Jugendliche in diese geschlossene therapeutische Einrichtung geführt haben: Die fünfzehnjährige Ich-Erzählerin Luisa etwa ist ins Meer gegangen, um sich das Leben zu nehmen. Lakonisch beschreibt sie die Menschen, die dort versuchen, ihr zu helfen: „Sozios“ etwa meint Soziotherapeuten, „besser gesagt eine Kreuzung zwischen Krankenpfleger, Haushälterin und Henker. Also alles, was man braucht, wenn man völlig ausgeflippt ist.“

Mit Respekt und Humor

Nach und nach lernt sie die anderen Bewohner kennen: Zebbie, die auf keinen Fall ein Messer in die Hand bekommen darf, Cor, der sogenannte böse Junge, oder Hassan, der glaubt, noch im Bauch seiner Mutter zu sein und deshalb immer in eine Decke gewickelt sein muss. In langsamen, oft quälenden Gruppensitzungen mit sperrigen Titeln wie Psychodrama, Kunsttherapie oder Soziale Fertigkeiten kommen sie einander und ihren jeweiligen Verletzungen und Beschädigungen näher – und in manchen seltenen Momenten auch der Möglichkeit, eines fernen Tages wieder außerhalb der Villa Strandlust leben zu können.

Karlijn Stoffels beweist nach ihrem Roman „Marokko am See“ ein weiteres Mal, wie souverän sie die Innensicht von jungen Menschen in einer gesellschaftlichen Randposition einzunehmen vermag. Der Alltag in der Villa Strandlust wird mit Respekt und Feingefühl, darüber hinaus aber auch mit einer ordentlichen Portion Humor geschildert, wenn es etwa heißt: „Eins zu null für die Autisten“, um kurz darauf selbstironisch zu korrigieren: „Eins zu null für die Kontaktgestörten mit Symptomen aus dem autistischen Spektrum.“

1:0 für die Idioten

Von Karlijn Stoffels

Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf

Beltz & Gelberg 2009

168 S., kart., e 13,40

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