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Ein Buchtipp von STUBE, Institut für Jugendliteratur und DIE FURCHE

Anders als erwartet

Wenn die Sonne hoch am Himmel steht, ruhen sich die Eltern in der Mittagshitze aus. Nur die Schatten sind quicklebendig - und Sven, der sich aufmacht, um "eine kleine Runde" zu drehen. Auf seinem Spaziergang begegnen ihm Menschen, Tiere und Dinge, und sie alle werfen ihren Schatten. Die jedoch sind merkwürdig anders …

In knappen Worten erzählt der österreichische Kinderbuchautor eine denkbar einfache Geschichte: Ein Junge schleicht sich leise aus dem Garten, geht zum Hafen, wo er den Fischern zusieht, zu seinem Lieblingsplatz, dem Leuchtturm, macht einen Abstecher in den Zoo. Ein ganz gewöhnlicher Spaziergang - wären da nicht die Bilder des in Hamburg lebenden russischen Künstlers Artem. Sie zeigen Schatten, die so gar nicht das tun, was man von ihnen erwartet, die ganz andere Geschichten erzählen: der Mann, der mit einer Katze auf der Bank sitzt, fängt fröhlich lachend einen Vogel; ein Mann und eine Frau, die sich nur verlegen ansehen, umarmen und küssen sich; ein Mädchen auf einem Fahrrad wird zur Pilotin einer Propellermaschine, ein Segelschiff zum Riesenfisch, der Leuchtturm zur Achterbahn - und im Zoo wird die Giraffe zum Löwen und der Löwe zum Elefanten. Und auch Sven ist mehr als er selbst: am Anfang ein Zirkusäffchen mit Trillerpfeife, am Ende ein riesiger Gorilla mit Blümchenhut, der freundlich ins Haus gebeten werden will. Offensichtlich ist der Junge im Laufe seines Spazierganges ziemlich gewachsen …

Die Schatten haben ihr Eigenleben, in dem sie das zeigen, was sich hinter der äußeren Erscheinung verbergen kann. Zumindest in Svens Fantasie - und davon hat er mehr als genug. Mit traumwandlerischer Sicherheit bewegt er sich zwischen Sein und Schein. Text und Bild beweisen in ihrem Zusammenspiel, dass das Ganze mehr ist als nur die Summe seiner Teile - ein äußerst gelungenes Projekt, Ergebnis des ersten Bilderbuchwettbewerbes, den die Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg mit dem Verlag veranstaltete. Die Studierenden waren aufgefordert, Janischs Text zu illustrieren - und Artem gab ihm gleich mehrere zusätzliche Ebenen. Lange kann der Betrachter über den Bildern sitzen, neue Details entdecken, Geschichten dazu erzählen, neue erfinden. Ein sehr poetisches Bilderbuch als Hommage an die Fantasie. Nicht nur für heiße Sommernachmittage, an denen die Luft flimmert.

www.jugendliteratur.net

Schatten

Von Heinz Janisch

Illustriert von Artem

Bajazzo Verlag, Zürich 2007

32 Seiten, geb., € 14,30

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