Anders: "Die Busfahrerin" von Vincent Cuvellier und Candice Hayat

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"Die Busfahrerin", unser Lektorix des Monats.

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Schräge, comicartig überhöhte Schwarz Weiß-Illustrationen; der knappe, im Stakkato erzählte Text (aus dem Französischen wunderbar übersetzt von der heimischen Kinder- und Jugendbuchautorin Sigrid Laube): "Die Busfahrerin" ist anders.

Die Handlung? Ein Junge schläft im Schulbus ein, wird von der Fahrerin erst an der Endstation entdeckt und verbringt mit ihr den Tag. Er, der Ich-Erzähler, führt seine unfreiwillige Begleitung folgendermaßen ein: "Sie stinkt, sie ist eklig und sie hat eine große Nase."

Sie wiederum zeigt kaum Muttergefühle: "Ich hasse es, mich mit Kindern herumzuschlagen." Doch es verändert sich etwas im Laufe dieses Tages. Die Busfahrerin bekommt einen Namen, Yvette, aus der ablehnenden Fremdheit wird vorsichtige Zuneigung, aus ruppiger Distanz unsentimentale Nähe.

Von Station zu Station - vom Besuch beim alten Mann, um den sich Yvette mit unmittelbarer Selbstverständlichkeit kümmert, über das Wellenzählen und die Bootsfahrt auf dem Meer bis hin zum Abschlussdrink im Café - wird es langsam möglich, Gefühle zu zeigen. Das Innen hinter dem Außen.

Benjamin durchbricht die offensiv zur Schau getragene Härte Yvettes - indem er gar nichts tut.

Und so legt der Text immer mehr die Figur der Busfahrerin offen: Es ist ihre Geschichte, die aus der Perspektive des Jungen in Streiflichtern und Andeutungen erzählt wird, von ihm selbst erfährt der Leser praktisch nichts.

Die distanziert wirkende, karge Sprache und das reduzierte Figurenrepertoire ermöglichen es dem Buch, auf wenig Platz viel zu erzählen - und Raum für unterschiedliche Lesarten zu geben.

Ob dieser Tag der Beginn einer Freundschaft ist? Wohl kaum. Er wird unwiederholbar bleiben. Eine schöne, ein wenig seltsame Erinnerung. Ein Ausflug aus dem Alltag für den einen, ein Ausbruch aus dem Panzer für die andere. Einmalig. Aber ganz genau weiß man es nicht.

Ein Buchtipp von STUBE, Institut für Jugendliteratur und DIE FURCHE

Die Busfahrerin

Von Vincent Cuvellier und Candice Hayat

Verlag Jungbrunnen Wien 2003

87 Seiten, mit zahlr. Illustrationen,

geb., e 11,10

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