ICH / DU / WIR

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Unser Lektorix des Monats.

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"Da ist kein Romeo drin": Aber trotzdem darf in den rund 150 hier zusammengestellten Gedichten heftig geliebt werden. Die Autorin Alexa Hennig von Lange, bekannt geworden 1997 mit ihrem Roman "Relax", betätigt sich als Herausgeberin von Liebes-Lyrik und Liebes-Lyrics. Formal wählt sie für ihre Zusammenstellung einen für das Thema Liebe sehr reizvollen Kunstgriff: Das (Taschen-)buch lässt sich sowohl von vorne als auch von hinten lesen. Die beiden Hälften verkörpern die Pole, zwischen denen sich Liebesbeziehungen im besten und im schlechtesten Fall bewegen, bezeichnet mit den im Stil von Graffiti abgebildeten Kürzeln "I love you" (grafisch umgesetzt mit einem geflügelten Herz) und "I don't love you"(hier findet sich ein durchgestrichenes Herz).

Im Aufbau der Kapitel folgt sie der Entwicklung beim Anknüpfen bzw. beim Auflösen einer Beziehung: Bei der gelingenden Liebe sind es "ich", "du","ich &du" und schließlich "wir". Kürzer verläuft es bei der Liebe, die scheitert: "ich &du","du","ich". So kehrt sich also die Kapitelaufteilung, je nachdem, auf welcher Seite des Buches man die Lektüre, beginnt, schließlich wieder um. Anders als in traditionellen Lyrikanthologien wird hier also auch die "Entliebung", das Scheitern von Liebesbeziehungen, mitbedacht -eine Absage an das romantische Liebesideal von der einen großen Liebe, die wohl auch der Lebensrealität der Leser/innen entspricht. So findet sich auch das ganze Spektrum an möglichen Emotionen, von Erich Frieds bekanntem "Was es ist" bis zu Funny van Dannens "Herzscheiße".

Bemerkenswert ist der Rechercheaufwand, den Alexa Hennig von Lange augenscheinlich betrieben hat: Denn neben bekannten Autoren und Autorinnen wie Friederike Mayröcker, Joachim Ringelnatz, Ingeborg Bachmann oder Rainer Maria Rilke stammt der Großteil der Texte von jungen, unbekannten lyrischen Stimmen aus dem deutschsprachigen Raum, viele der Gedichte und Songtexte werden hier zum ersten Mal veröffentlicht. Dieses selbstverständliche Nebeneinander von "klassischen" und modernen, durchaus unkonventionellen Texten in einer ansprechenden Aufmachung (alle Gedichte sind in dunkelroter Schrift gesetzt) bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für Jugendliche, sich in Texten der einen oder anderen Art wiederzufinden. Nicht immer im Sinne von totaler Verständlichkeit oder unmittelbarer Zugänglichkeit. Denn, wie die Herausgeberin in ihrem Vor-bzw. Nachwort formuliert: "Die Gefühlsfülle in uns entschlüsselt das, was hier in knapper Form vollkommen erfasst wurde."

I love you I don't love you Lyrik und Lyrics Hg. von Alexa Hennig von Lange Beltz &Gelberg 2009 224 S., kart., 8,20

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