Vater Piggy

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Unser Lektorix des Monats.

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"Er sah aus wie das, was er war: ein Trinker. Dicker kleiner Bauch, rot geäderte Haut, gelb verfärbte Augen, hängende Wangen und ein großer wulstiger Nacken. Alt und verbraucht mit vierzig." Der Mann, von dem hier die Rede ist, ist der Vater des Ich-Erzählers, der darüber hinaus noch mindestens ein weiteres Problem hat, seinen Namen: Er heißt Martyn Pig, Pig wie "Porky, Piggy, Pigman, Oink, Stinky..." Es ist schwierig, sich daran zu gewöhnen, man kann die Namen, die sie einem nachrufen, nur ignorieren, das hilft nicht viel, aber ein bisschen.

Ob Martyn seinen Vater hasst? "Er war ein Säufer und behandelte mich wie Müll. Was denkst du denn? Natürlich hasste ich ihn."

Immerhin, er "war" ein Säufer. Hat er sich gebessert? War er auf Entzug und ist jetzt trocken? Zumindest schreit und torkelt er nicht mehr in der Gegend rum, das kann er auch nicht mehr, denn - er ist verstorben, kurz vor Weihnachten und im Suff, wie sich das für einen Alkoholiker gehört. Und Martyn steht vor der Leiche, sagt "Jesses" und "Du Vollidiot" - und lässt ihn vorerst mal liegen.

Als dann nächsten Tag ein Brief kommt, in dem von 30.000 Pfund die Rede ist, die sein Vater geerbt hätte, kommt dem jungen Mann, der leidenschaftlicher Krimileser ist, der Verdacht, die Polizei könnte ihn verdächtigen, den eigenen Vater... Und also entwickelt er einen Plan, bei dem auch Alex, eine schöne junge Frau mit viel Ehrgeiz und nicht weniger Talent zur Schauspielerei, und ein schmieriger Rocker namens Dean eine nicht unwesentliche Rolle spielen.

Schon die ersten Seiten des Debütromans des Engländers Kevin Brooks zeigen das große Talent des Autors: Er entwirft radikale Figuren und er hält sich auf eine Weise nicht zurück, wie wir das zumindest in der Jugendliteratur eher selten lesen. Er steigt ganz direkt in seine Geschichte ein, von den ersten Seiten an zieht er die Leser in den Bann dieser schrägen Geschichte. Der Plot entwickelt sich zwar in eine erwartbare Richtung, nimmt aber immer wieder eine überraschende Wendung und hält die Spannung bis zu einem durchaus fulminanten Ende durch.

Ein Buchtipp von STUBE, Institut für Jugendliteratur und DIE FURCHE

Martyn Pig

Von Kevin Brooks

Aus dem Engl. von Uwe-Michael Gutzschhahn. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2004

144 Seiten, kart., e 8,80

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