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Von der Noblesse des Fechtens und von der Rache einer Frau

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Für den alten Fechtmeister Don Jaime Astarloa ist es keine Sportart, die er seine Schüler lehrt. Er versteht die Kunst des Fechtens als Geisteshaltung, die praktisches Training und noble Gesinnung erfordert.

Im Spanien des vorigen Jahrhunderts ist er inmitten brodelnder politischer Umbrüche einer der letzten, der von Ehre und Anstand spricht und der unbeirrbar an seinen altmodischen Lebensgewohnheiten festhält: Fechtunterricht, unverbindliche Gespräche mit Freunden und die Suche nach dem „perfekten Stoß”, den er der Nachwelt hinterlassen will. Frauen hat er geliebt, das ist lange her, und im Duell hat er so manchen Gegner getötet. Auch das ist längst vorbei.

Zwischen seinen alten Degen und vergilbten Urkunden für große Fechtleistungen ist auch er selbst ein Relikt. Er weiß das und fühlt sich wohl dabei. Seine noble Gelassenheit gerät aber aus dem Lot, als ihn eine feine Dame aufsucht, um seinen weithin bekannten „Stoß der zweihundert Escudos” zu lernen. Wider alle Bedenken, von unangenehmen Ahnungen geplagt stimmt er dem Unterricht zu und ist von ihren herausragenden Fechtkenntnissen beeindruckt.

Musselinkleider in der Umkleidekabine und Parfüm im Fechtsaal lassen ihn all seine Prinzipien vergessen, bis er sich mitten in einen politischen Korruptionsskandal verstrickt sieht. Beim Kampf auf Leben und Tod gewinnt der alte Fechtmeister die Erkenntnis, daß es den perfekten Stoß nicht gibt: Ks kommt auf die richtige Verkettung der Stöße an.

Der Roman von Arturo Perez-Reverte liest sich leicht und enthält alle Ingredienzien für spannende Unterhaltung: Die Zeit des Umbruchs in Spanien erscheint plastisch im Hintergrund, der Held ist elegant und intelligent, und die geheimnisvolle Frau versteht es zwar zu fechten „wie ein Mann”, begleicht aber mit weiblicher List und Härte alte persönliche Rechnungen. Ein ordentlicher Schuß Grausamkeit und das überraschende Ende bringen den angenehmen Schauer eines modernen Märchens, das einen nur mühsam aus der Welt der Fechter-Ehre und der kalten Frauenherzen in enggeschnürten Seidenkleidern entläßt.

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