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Warten auf Godot?

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„Freut euch! Laßt alle Menschen eure Milde erfahren. Der Herr ist nahe“ (Phil 4,4—5).

Werden diese Worte in unseren Adventtagen nicht zur Farce? Scheinen sie doch Ermahnungen zu sein für Leute, die Zeit haben. Und wer hat in diesen Wochen vor Weihnachten schon Zeit und Muße.

Advent: Zeit der freudigen Erwartung, Zeit der stillen Besinnung, Zeit des Hoffens, des Hoffens auf das Licht.

Und was wurde aus dieser Adventsehnsucht: Ein Zuviel an Lärm, ein Zuviel an Hektik, an Getriebenwerden und Selberhetzen.

Nicht mehr das Kind in der Krippe, sondern der Christbaum ist das Ziel der Adventsehnsucht; der Christbaum mit seinem glitzernden Behang, seinen Kugeln, Glassternen und Silberschnüren, bunten Kerzen und Lametta. Als noch viel wichtiger aber gilt das, was unter den Baum kommt, das Geschenk. Hier dürfen nicht die kleinen, mit Liebe ausgewählten Überraschungen dominieren; nein, es müssen Präsente sein, die die eigene Finanzstärke plastisch demonstrieren.

Für viele wurde das Christfest zum Zahltag für erwünschte Neuanschaffungen. Und die Adventzeit hiermit zur Einkaufszeit, zum Hasten vom preisgünstigen zum preisgünstigeren Angebot. Advent bedeutet steigende Konjunktur.

Nicht das langsame Erhellen, Kerze für Kerze, sondern Phantasiegebilde aus elektrischem Licht erhellen den Advent. Von Straßenseite zu Straßenseite schwingt sich ein Heer von bunten Glühbirnen, als Freude geplant, und zum Ärgernis geworden.

Für manchen Erwachsenen ist Advent zu einem Warten auf Godot herabgesunken; sie wissen nicht, wollen nicht wissen, worauf sie warten sollen, worauf sie sich freuen dürfen. Für sie ist Advent nicht zu definieren, da sie vergessen haben, nach dem Sinn der Vorweihnachtszeit zu fragen, da sie lieber passiv bleiben, als sich aufzuraffen und einmal aktiv zu werden. Sie scheuen die Konfrontation mit Glaubensfragen und setzen' Advent mit Romantik auf Knopfdruck gleich, mit einem freudigen Erwarten, das nur noch Kinder erfüllen kann.

Advent: Warten auf Godot oder Zeit der freudigen Erwartung, Zeit der stillen Besinnung, Zeit des Hoffens; des Hoffens auf das Licht?

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