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Martin Amanshausers "Chicken Christl".

Während im jüngsten Roman von DBC Pierre "Jesus von Texas" ein Mensch mit sechs Fingern zur Hauptfigur eines Schulmassakers avanciert, entwickelt sich Amanshausers sechsfingriger Protagonist in "Chicken Christl", Mika Koegl, zur Kultfigur einer reichlich abstrusen Sekte, deren eigene Harmlosigkeit nur mühsam mit allerlei Brimborium kaschiert werden kann. Mag schon sein, dass Amanshausers Text zugleich ein Nachdenken über das Außergewöhnliche sein will, herausgekommen ist - und dies ist durchwegs als Verdienst des Autors anzusehen - ein gekonnt satirischer Seitenhieb auf die wohl gar nicht so kleine Szene an Verschwörungs- und Paranoia-Anhängern.

Amanshauser, der bereits in früheren Texten das Skurrile bevorzugte, ordnet auch in "Chicken Chistl" die Handlungsstränge etwas verworren, zumindest beiläufig an: Neben Mika, der auch Enkel des ehemaligen, ebenfalls sechsfingrigen US-Präsidenten Major Koegl ist, gibt es da vor allem auch die titelgebende "Chicken Christl", seine ursprünglich von einem burgenländischen Geflügelhof bei Podersdorf stammende Großmutter, die Mika die gesamte Geschichte hindurch als imaginäre Gesprächspartnerin dient.

Weiters gibt es noch diverse Frauen, wie Susan Andretti und Xenia, beide mehr oder weniger geheimnisvolle Erscheinungen, ebenso wie die Sekte der Novgoristen, eine obskur-wissenschaftliche Sekte, die durch die Entführung Mika Koegls ihren wieder geborenen Anführer zu finden geglaubt hat. Eine Annahme, die sich schlussendlich als gar nicht so falsch herausstellt.

Amanshausers Stil des beiläufigen Plauderns liest sich über weite Strecken angenehm, die Dialogführungen sind gekonnt, manches Mal jedoch ertappt sich der Leser bei der Frage, was denn nun die Geschichte "eigentlich" leisten soll oder will. Zugegeben, sie unterhält, das Komische gibt sich reichlich ein Stelldichein, für Spannung sorgt das Verwirrspiel um die verschwundene Xenia bzw. das unfreiwillige Abtauchen Mikas in die obskure Welt der Novgoristen, doch letztendlich bleibt man dennoch einigermaßen verwirrt zurück.

Ein außergewöhnliches Buch, geradezu passend für einen ebenso reichlich, gemessen an den bisherigen meteorologischen Kapriolen, verwirrenden Sommer.

Chicken Christl

Von Martin Amanshauser

Verlag Deuticke, Wien 2004

177 Seiten, kart., e 14,90

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