Philosophie auf Parkbänken

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Ein Roman über das Aufbegehren, die Hoffnung und die harte Realität: Jens Wonnebergers Roman "Die Pflaumenallee".

Jens Wonneberger lässt in seinem Roman Die Pflaumenallee auf Parkbänden über die Welt philosophieren. Bergheimer, ein Mann, der es gewohnt ist, "auf harten Bänken zu sitzen, … ein Leben lang", trinkt nicht übermäßig, obwohl er die Bierflaschen "unter der Bank hervorholt" - und sein leichtes Hinken könnte man übersehen. Er hält Termine ein und würde Jobangebote nicht sofort ausschlagen. Der Haken ist: niemand braucht ihn.

Nur einer lässt sich "vollquatschen", nämlich ein alter Schulfreund, den er sozusagen wiedergefunden hat. So sitzen sie abends auf - immer anderen - Parkbänken, und Bergheimer doziert über die Ungerechtigkeit der Welt. Ein unerschöpfliches Thema. Unendlicher noch als die Gerechtigkeit, die es bekanntlich - wie Franz Kafka als Philosoph meint - nicht gibt. Trotz aller Schimpfkanonaden hat der Freund langsam den Eindruck, "Bergheimer habe sein Pulver allmählich verschossen". Er schweigt schon länger als sonst, was "ihn sympathisch machte".

Beide denken beim Reden an ihre Jugendjahre. Damals stand ihre Bank in der "Pflaumenallee", ihrem Rückzugsort, wo sie gleichsam vor den Zumutungen der Zeit geschützt waren. Damals, in dieser wohl glücklicheren Ära, hatte Bergheimer auch noch nicht sein Bein verloren … Jetzt wettert er gegen den Warenfetischismus und Wohlstandsmüll, findet aber dennoch nichts, was seinem Leben letztlich einen Sinn geben könnte. Er spricht auch von Phantomschmerz, den er in seinem verlorenen Bein zu spüren glaubt. Eine gelungene Metapher des Autors für das Verlorene.

Jens Wonneberger schreibt über ganz normale Leute mit Träumen, aber ohne Perspektive, er schreibt über die Lebensgefühle von Menschen, die gemeint sind, wenn ihre Vertreter vom "Fördern und Fordern" reden. Dabei zeichnet den Autor seine Beobachtungsgabe aus und eine genaue Sprache, die er gekonnt mit lakonischem Humor würzt. Er schafft auf diese Weise einen Stadtraum als Gehege für zwei bindungslose Zeitgenossen, die sich einerseits nicht viel zu geben haben und andererseits doch brauchen.

Jens Wonneberger schreibt eine Geschichte über die Hoffnung, das Aufbegehren und die Härte der Realität. Er zeichnet die verpassten Chancen und das ungelebte Leben nach. Den Autor interessieren vor allem die Brüche und das Scheitern. Vielleicht ist der Grund dafür darin zu finden, dass "die Zukunft" "so unerreichbar ist wie die schöne Frau aus dem dritten Stock".

Die Pflaumenallee

Roman von Jens Wonneberger

Steidl Verlag, Göttingen 2006

187 Seiten, geb., € 18,--

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