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Physikalische Uniersuchungsmelhoden in der Medizin

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Alle modernen Untersuchungsmethoden beruhen auf physikalischen Grundlagen. So vor allem auch die Röntgendiagnostik in Form der Durchleuchtung und Photographie.

Im alten Sinne des Wortes gehört zu den physikalischen Untersuchungsmethoden *uch die Perkussion. Ich nenne hier den Namen Auenbrugger, der der Menschheit eine der bedeutendsten Erfindungen geschenkt hat.

Leopold Auenbrugger war ein gebürtiger Grazer. Sein Vater war ein wohlhabender Gastwirt. Sein Sohn Leopold wurde 1752 zum Doktor der Medizin promoviert. In den jähren 1758 bis 1762 wirkte er als Primararzt am k. k. spanischen Hospital. In der Folgezeit war er als gesuchter praktischer Arzt in Wien tätig. Er veröffentlichte sein grundlegendes Werk über Perkussion „Inven-tum novum“ (neue Erfindung) im Jahre 1761.

Unter Perkussion verstehen wir das Beklopfen der Brustwand und des Bauches. Aus den verschiedenen Schallqualitäten können wir auf den Luftgehalt der Lungen und des Bauches Schlüsse ziehen. Die gesunde Lunge gibt beim Beklopfen der Brustwand einen vollen und hellen Schall. Bei Erkrankungen der Lungen finden wir beim Beklopfen oft einen dumpfen, wie wir sagen gedämpften SchalL, wenn der Luftgehalt vermindert ist.

Auenbrugger hat schon als Knabe beobachtet, wie sein Vater die Fässer beklopfte, um festzustellen, ob sie voll oder leer waren. Dies hat auch dazu beigetragen, daß Auenbrugger diese Feststellung für die Perkussion nutzbar machte. Die Perkussion, das Beklopfen der Brustwand zur Feststellung des Luftgehaltes der Lungen, gehört auch heute noch zu den wichtigsten Untersuchungsmethoden am Krankenbett.

Der geniale Arzt Auenbrugger war aber keineswegs einseitig, er hatte eine besondere Vorliebe für Musik, besonders für die Oper. Er schrieb auch ein Textbuch zu einer Oper von S a 1 i e r i, dem Lehrer Beethovens. Seine beiden Töchter waren ausgebildete Sängerinnen und Klavierspielerinnen. Das Haus Auen-bruggers war demnach ein musikalisches Zentrum in Wien. Hier wurde viel Hausmusik gepflegt. Diese Tradition hat sich bis heute erhalten. Auenbrugger hatte jedenfalls ein sehr feines musikalisches Gehör, sicher hat ihm dies bei der Beurteilung des Perkussionsschalles viel genützt. Auenbrugger ist der Begründer der Diagnostik am Krankenbett. Allmählich haben seine Lehren die ganze Welt erobert.

Nach Auenbrugger war es in der Folgezeit vor allem Josef Skoda,.den man auch als den Altmeister der Perkussion und Auskultation (Abhorchen der Lunge und des Herzens) bezeichnen muß. Er war Vorstand der Klinik für innere Krankheiten in Wien (184f bis 1871). Skoda hat zahlreiche Schüler ausgebildet; die die Tradition der klassischen Wiener Schule weiterführten.

Dazu kam die Einführung der Röntgenstrahlen in der klinischen Medizin. Holzknecht hat an der Klinik Nothnagel die ersten Röntgenuntersuchungen der Brustorgane durchgeführt. Heute ist die Röntgenuntersuchung der Brust- und Bauchorgane Allgemeingut des ärztlichen Handelns geworden. Man darf aber ja nicht glauben, daß durch die Einführung der Röntgenuntersuchung die Perkussion überflüssig geworden ist, dies wäre ein grober Fehler.

Ich selb habe immer wieder darauf hingewiesen und halte auch heute noch daran fest, daß Perkussion und Röntgenuntersuchung einander wertvoll ergänzen. Die Perkussion muß auch heute noch gelehrt und geübt werden. Dies muß ich der jungen Generation besonders an das Herz legen. Die jetzt vielfach üblichen Reihenuntersuchungen am Röntgenschirm in Schulen und Betrieben sind natürlich sehr wichtig. Doch soll man dabei die altbewährten Untersuchungsmethoden ' wie Perkussion und Auskultation nicht vernachlässigen.

Die klinische Diagnostik ist heute ein Gebiet, wo alle Methoden der Untersuchung,die uns zur Verfügung stellen, Anwendung finden müssen.

Die genaue klinische Beobachtung am Krankenbett, die kunstgerechte Anwendung der physikalischen Untersuchung stehen an erster Stelle, dann erst kommen die verschiedenen Laboratoriumsmethoden, die Mikroskopie und Chemie. So muß sich auch die Erziehung der Studierenden und jungen Aerzte in dieser Richtung halten. Zum Erlernen der Perkussion und Auskultation braucht man, wie mein Lehrer Nothnagel sagte, zwei Jahre, wenn man täglich zwei Stunden perkutiert und auskultiert. Diese Betätigung ist auch eine künstlerische: Medizin und Kunst sind eng verbunden.

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