„Seine Stimme ist superb und sein Antlitz so ehrlich, es macht einen scheu“, schrieb ein Kolumnist des liberalen „Toronto Star“ über Robert Stanfield, den konservativen Premier der atlantischen Küstenprovinz Neuschottland, den seine Parteifreunde als Kanadas nächsten Regierungschef bezeichnen.
Ehe die Mehrheit der 2400 Delegierten des Parteitages in Toronto Robert Stanfield zum neuen Führer der Konservativen wählte, war der große, schlanke Neuschotte bereits als „Der Mann mit dem gewinnenden Wesen“ bezeichnet worden. Sein Profil ähnelt jenem von Abraham Lincoln, ' Amerikas geliebtesten Präsidenten. Stanfield ist auch wegen seines „trockenen“ Humors bekannt. Als die Mischung von Applaus, Marschmusik und Zurufen von Tausenden während der Konvention im Sportpalast von Toronto einen lärmenden Höhepunkt erreicht hatte, raunte Stanfield einer zufällig neben ihm stehenden jungen Delegierten zu: „Wissen Sie, man muß ein wenig verrückt sein, um an so etwas teilzunehmen!“
Als Stanfield die Führung der Partei in Neuschottland übernahm, hatte sie kein einziges Mandat im Landtag; heute sind 40 der 46 Gesetzgeber im Parlament von Halifax Konservative. Es ist ein Kuriosum, daß der Name „Stanfield“ in Kanada länger und in weiteren Kreisen bekannt ist, als der des Politikers; die Familie hat seit Generationen
in Truro (Neuschottland) eine der größten Unterwäschefabriken des Landes. (Großvater Stanfield erfand zur Zeit des Goldrausches im Yukon lange, wollene, „nicht-schrumpfende“ Unterwäsche, die bei den Schatzsuchern des hohen Nordens schnell sehr populär wurde.)
Der 1914 in Truro geborene Robert Stanfleld studierte Jus, wechselte jedoch schon bald von der Karriere eines Juristen zu der eines Politikers. 1949 erkämpfte er sich einen Sitz im Parlament von Halifax, der Hauptstadt Neuschottlands, des kleinsten Bundesstaates Kanadas. 1956 gelang den Konservativen in Neuschottland unter Stanfields Führung der große Umschwung, Stanfield wurde Premier und Erziehungs-minvster.
Einer der größten Erfolge Robert Stanfields als Premier war es, ausländische Firmen dafür zu gewinnen, ihre kanadischen — oder nordamerikanischen — Werke in Neuschottland zu errichten. Die staatliche Industrial Estates Ltd. (TEL) investierte bis jetzt mehr als 60,000.000 Dollar in dieses Projekt. Heute findet man Firmen von Weltruf in Nova
Scotia. Sie reichen von dem schwedischen Volvo-Konzern, der hier seine Autos für den nordamerikanischen Markt montiert, bis zu den Firmen aus Indien, Japan und USA. Industrial
Estates Ltd. stellt Fabriken zur Verfügung und fungiert als Partner von Privatkapital, um neue Arbeitsplätze in Neuschottland zu schaffen.
Mit der Wahl Stanfields zum Führer der Konservativen scheidet sein Vorgänger, Altministerpräsident John Diefenbaker, als Zweiundsiebzigjähriger der älteste Abgeordnete der Partei, aus dem Brennpunkt des politischen Interesses. Anderseits gewinnt die Position von Dalton Camp als Präsident der Parteiorganisation an Bedeutung. Camp, einer der erfolgreichsten Werbeberater Kanadas, war der Chefstratege Stanfields bei dem Parteitag und gilt als einer der Architekten seines Triumphes. Schon hoffen Kanadas Konservative, daß es dem Team Stanfield-Camp gelingen wird, die Partei bei den kommendien Wahlen wieder in Ottawa an die Macht zu bringen ...
