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Romane und Sprüche

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Niels Lyhne. Roman von Jens Peter Jacobsen. 234 Seiten. Mit einem Nachwort von Georg Brandes. Neuauflage in der Oesterreichischen Buchgemeinschaft.

Nur wenige Bücher, sagte Rilke, führe er immer mit sich; unter ihnen die Bibel und den Niels Lyhne. Das Wort Gottes und die Geschichte eines Mannes, der ohne Gott zu leben versuchte: das wird nur jenen seltsam vorkommen, die alle Phänomene sofort nach „Gesinnungen“ klassifizieren wollen und nicht den Menschen sehen. Die Zartheit und Reinheit seiner Empfindungswelt vermochte Jacobsen mit großer Kraft zu gestalten. So gehört das Werk des frühverstorbenen Dänen zu denen des 19. Jahrhunderts, die noch heute unsere ungeteilte Anteilnahme erwecken.

Empfindsame Reise. Von Laurence Sterne. In der Bodeschen Uebersetzung neu herausgegeben mit einem Essay „Zum Verständnis des Werkes“ von Wolfgang C 1 e m e n. Rowohlts Klassiker, Hamburg. 140 Seiten. Preis 1.90 DM.

Laurence Sternes empfindsame Reise durch Frankreich uTid Italien gehört zu den wichtigsten und amüsantesten Werken der Weltliteratur: Wichtig, weil in ihm das Mittel des „inneren Monologs“, das loyce in unserem Jahrhundert zum beherrschenden Stilprinzip erhob, vorgeformt ist. Amüsant, weil ... doch warum Gründe anführen: lesen Sie es, und Sie werden dem Rezensenten recht geben! Der sprachliche Glanz des Buches ist neu wie damals, als es geschrieben wurde, vor bald 200 Jahren.

Das Narrenspital. Von Johann Beer. Mit einem

Essay „Zum Verständnis des Werkes“. Neu herausgegeben von Richard Alewyn. Rowohlts Klassiker, Hamburg. 156 Seiten Preis 1.90 DM.

Der Inhalt des Bandes: „Der Berühmte Narren-* Spital / Darinnen umschweiffig erzehelet wird / was der faule Lorentz hinterher Wiese vor .ein liederliches Leben geführet.. . herausgegeben Durch Hanss guck in die Welt. Gedruckt Im Jahr 1681“, und „Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung / Das ist Eine kurzweilige Histori... Gedruckt in diesem 1680sten Jahr“. Also: lebendigste

Barockliteratur, vergnüglicher zu lesen als vieles, was heute erscheint! Noch dazu: von einem Oester-reicher gar, den wir hier gar nicht kannten. Sonderbar, daß sich in Oesterreich die Erinnerung an Nieten und Langweiler soviel, hartnäckiger fortpflanzt, als an die Leute, auf die wir stolz sein könnten. Oberösterreich sollte seinem Johann Beer, sobald es geht, ein Denkmal setzen!

Philosophische Tagebücher von Leonardo da Vinci. Italienisch und Deutsch. Uebersetzt und mit einem Essay „Zum Verständnis des Werkes“ herausgegeben von Giuseppe Z a m b o n i. Rowohlt, Hamburg. 172 Seiten. Preis 1.90 DM.

Eine ganz ausgezeichnete Publikation, vorzüglich übersetzt. Eine Probe aus dem „Bestiariuin“, gleichsam als Appetitbissen auf das ganze Bändchen: „Die Auster: Verrat. — Die Auster, wenn Vollmond ist, öffnet sich ganz, und wenn die Krabbe sie sieht, wirft sie ein Steinchen oder einen Halm in die Muschel, und die kann sich nicht mehr schließen, so daß die Krabbe sie verzehrt. So geschieht es demjenigen, der den Mund öffnet, um sein Geheimnis zu sagen, und so zur Beute des neugierigen Hörers wird.“

Wilhelm Büschs Spruchweisheiten. Herausgegeben von Hans B a 1 z e r. Nest-Verlag, Frankfurt am Main. 270 Seiten mit 75 Zeichnungen von Wilhelm Busch.

Da wir gerade bei Spruchweisheiten sind, sei noch rasch diese köstliche Auswahl aus dem Werk Büschs angezeigt. Albert Einstein sagte über Busch, er sei „einer der größten Meister stilistischer Treffsicherheit. Ich denke — außer vielleicht an Lichtenberg — hat es keinen Ebenbürtigen in deutscher Sprache gegeben“. Recht hat er! Busch war nicht nur Humorist, er war auch Philosoph. Aber ein Mann, der weiß: „Kinder, wie alle, die der Natur noch näher stehen, glauben ans Weiterleben, es komme, was wolle, und sie werden schon recht haben“, sitzt lieber auf einem Lehnsessel als auf einem Lehrstuhl. ..Zum letztenmal wird eingetunkt. Dann kommt der große schwarze Punkt “

Für alle Busch-Liebhaber!

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