Slang poetisch verbrämt

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Die polnische Nachwuchsautorin Dorota Maslowska erzählt eindrucksvoll aus der Sicht eines Machos.

Es gibt wenige Männer, die es schaffen, so aus der Sicht einer Frau zu schreiben, dass es auch authentisch klingt. Und der Rollentausch in umgekehrter Richtung ist wohl um nichts einfacher, besonders, wenn es sich wie in Dorota Maslowskas Erstlingsroman "Schneeweiß und Russenrot" um einen ausgemachten Macho handelt.

Und nichts anderes ist der Ich-Erzähler Andrzej, genannt "der Starke". Auch wenn er einem zuweilen beinahe Leid tun könnte. Verlassen von seiner Freundin, die nicht einmal persönlich Schluss mit ihm macht, flüchtet er in Speed und Zufallsbekanntschaften, während in der Stadt der "weiß-rote Krieg zwischen Polen und Russen" tobt. Adrzej, der nicht so genau weiß, "wie man reagieren soll" torkelt über die Grauzone eines opportunistischen Nationalismus orientierungslos hinein. Er landet auf der Polizeistation und im Krankenhaus, begegnet seiner Schöpferin und versinkt schließlich in unendlicher Verwirrung.

Mit Dorota Maslowska erklingt eine frische junge Stimme in der polnischen Literaturszene, die den Slang ihrer Altersgenossen ebenso beherrscht wie dessen poetische Verbrämung. Gerade einmal 18 Jahre alt war die 1982 geborene Autorin bei der Niederschrift des Romans, der 2002 auf Polnisch erschien und nun erstmals in deutscher Sprache vorliegt. Geschildert wird eine Jugendszene, in der man schon "der Starke" sein muss, um sich durchsetzen zu können. Drogen und coole Sprüche bestimmen das Geschehen, nebst einer lähmenden Gleichgültigkeit, die nur dann aufzubrechen ist, wenn es gegen die Russen geht. Oder um "lächerliches" Outfit bzw. Benehmen diverser Mitmenschen. Kein wirklich angenehmer Zeitgenosse, dieser Andrzej. Auf der anderen Seite Dorota Maslowska selbst, als Sphinx im Abseits, die an unsichtbaren Hebeln sitzt, im Dasein der Figuren geheimnisvoll herumspitzelt, alles weiß und damit eine gefinkelte Doppelrolle spielt.

Aber was noch mehr besticht als die Story samt der ausgeklügelten Figurenkonstellation, ist der Ton, den die Autorin dafür gefunden hat. Innere Monologe und flapsige Kommentare verbinden sich hier zu einem zeitgemäßen Kunstwerk.

SCHNEEWEISS UND RUSSENROT

Roman von Dorota Maslowska

Übersetzung: Olaf Kühl

Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2004. 240 Seiten, kart., e 8,20

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