Unser Lektorix des Monats.
Was man über Kanada eher nicht weiß: Dass Horrorfilme dort ziemlich underground sind ("even under underground, you know"), dass schöne Mädchen dort so schön sind wie "Schokolade ohne Zahnschmerzen", dass die kanadische Schwefelschnecke sich im Lauf ihres Lebens höchstens dreißig Zentimeter vorwärts bewegt. Und dass es in diesem interessanten Land eine Bubenbande gibt, die unter dem Namen "The Short Ones" jedem Kind ein Begriff ist. Rudolpho, Island, Snickers und Zement sind nämlich Berühmtheiten, und dass Victor Caspak und Yves Lanois die Geschichte der Short Ones niedergeschrieben haben - "Ungeschminkt, sozusagen, nicht verfälscht oder verzerrt oder verkürzt durch die Filter der üblichen Medien-Berichterstattung" -, dafür werden sie auch in die Geschichte eingehen. So wie Andreas Steinhöfel, Autor und Übersetzer aus Berlin, der diese authentische und zudem noch sehr laute Stimme kanadischer Kinder unter dem Titel "Die Kurzhosengang" ins Deutsche übersetzt hat (samt umfangreichem Anmerkungsapparat, in dem wir viele interessante Dinge über Kanada, siehe oben, lesen können). Steinhöfel hat also dafür gesorgt, dass auch deutschsprachige Leser bei der Geburt eines Mythos dabei sein können. "Star Wars ist ein Witz dagegen". Ganz ehrlich. Die vier Buben auf ihren Rädern, scheint mir, haben das Zeug dazu, die ersten großen Helden des noch jungen Jahrhunderts zu werden: Sie retten eine Schulklasse samt Lehrern vor dem Erfrieren, sich selbst vor einem Grizzley-Bären und schließlich einen ganzen Zug voller Menschen vor der Entgleisung auf einer Brücke. Und schließlich werden sie zu Geburtshelfern eines Kindes. Bei all dem sind sie grad mal elf Jahre alt, aber immer "lässig wie Eiswürfel am Strand von Tahiti".
Wer dieses Buch liest, wird oft kichern und er wird bisweilen den Tränen nah sein, wer dieses Buch liest, wird diese vier Jungs lieben und zugleich Teil des Mythos sein.
Was für ein Buch. Was für eine Geschichte. Was für ein Spaß.
Die Kurzhosengang
Von Victor Caspak & Yves Lanois
Aus dem kanad. Engl. von Andreas Steinhöfel. Ill. von Ole Könnecke
Carlsen Verlag, Hamburg 2004
208 Seiten, geb., e 12,40
