Unermüdliche Stimme für die Schwächsten

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Ihre Sager waren so legendär wie ihre Bücher. Das ganze Land trauert seit einer Woche um Christine Nöstlinger, die bekannteste Kinderbuchautorin Österreichs. "Wer eine Geschichte von ihr liest oder vorgelesen bekommt, dem bleibt ihr sprachlicher Witz und Humor in Erinnerung", würdigte Bundespräsident Alexander Van der Bellen Nöstlinger, die am 28. Juni in ihrer geliebten Heimat Wien verstorben ist. Viele prominente Stimmen zollen der Ausnahmeautorin nun nach ihrem Ableben Respekt. Im Gespräch mit der FURCHE verriet Nöstlinger 2016, dass sie im Gegensatz dazu früher oft Anfeindungen ausgesetzt war. "Jetzt versichert man mir, dass ich die christlichen Werte hochhalte." Nöstlingers Schreiben kann man als revolutionär bezeichnen, es markiert den Aufbruch der Kinderliteratur der 70er-Jahre, weg von Autoritätsgehabe und erhobenem Zeigefinger hin zu den oft recht schwierigen Lebenswelten der Kinder. Mit ihren Figuren wie "Die feuerrote Friederike" erschuf sie Helden, mit denen sich Kinder identifizierten. Sie begegnete ihrem jungen Publikum respektvoll, hatte Verständnis für dessen Bedürfnisse. Damit leitete sie eine Wende ein, die der Botschaft der 68er-Generation entsprach: Kinder spielen eine maßgebliche Rolle für die Gesellschaft, denn sie gestalten die Welt von morgen. Trotzdem beschränkte sich Nöstlingers Engagement nicht auf das Schreiben. Gerne kommentierte sie mit dem ihr eigenen lakonischen Tonfall aktuelles Geschehen. Politisiert wurde sie durch die Not der Nachkriegszeit, das Elternhaus war klar sozialistisch. Es war eine Uneindeutigkeit, die das Leben der Wienerin, die am 13. Oktober 1936 in Hernals geboren wurde, prägte. Einerseits sah sie sich nicht "emanzipiert", aber ein Leben als Hausfrau und Mutter zweier Töchter war ihr schnell zu langweilig. Sie brachte deutlich zum Ausdruck, was sie dachte. "Dieser ganze Rechtsruck in Europa stimmt mich traurig." Zuletzt schien sie zu resignieren. Im Dezember 2016 resümierte sie treffend in der FURCHE: "Man muss die Ängste der Menschen ernst nehmen." Aber: "Wie begegnet man Ängsten, die überhaupt nicht auf Fakten beruhen?" Mit Nöstlinger verlor nicht nur die Literaturwelt Österreichs eine große Schreiberin, sondern vor allem eine unermüdliche Stimme im Einsatz für Kinder und die Schwächsten der Gesellschaft. Ihre Botschaft bleibt in ihrem beinahe 150 Bücher umfassenden Werk erhalten.

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