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In "Waidmannsdorfer Weltgericht" schafft Egyd Gstättner Metropolen des Geistes und blickt auf Land und Leben.

Egyd Gstättner lebt in der Provinz und hält dennoch Weltgericht. Zumindest verheißt sein Essayband ein ebensolches aus Waidmannsdorf und trägt überdies den Untertitel "Neue Nachrichten aus der Provinz." (Von "Waidmannsdorf" berichtete Gstättner schon in der Furche Nr. 17/2002.)

Der Band vereint Beziehungsgeschichten mit Standortbestimmungen zu Österreichs Vergangenheit ("wie plötzlich eine ganz Generation in Ruhe zur Rede gestellt worden ist und mit dem Perpetuum mobile der Kindergartenbockigkeit gekontert hat") und dem kleinen und großen Ringen um ein gutes Leben. ("Solche vor Gemeinnützigkeit triefenden Menschen sind sehr wertvoll. Irgendwann wird man einer von ihnen. Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?")

Viel Provinz

Österreich ist ein kleines Land und so gibt es auch viel Provinz. Der Blick kann selten schweifen. Metropolen mit den ungezählten Eindrücken und Möglichkeiten sind die Ausnahme in der Landschaft. Weite ist oft nur eine Frage des Denkens. Provinz ist aber auch Beruhigung und Heimat, das Bekannte, Vertraute.

Um nicht erdrückt zu werden in der Provinz und die Weite nicht vermissen zu müssen, sind manche gezwungen, sich Metropolen des Denkens zu schaffen, mit Bezügen in die Welt, zur Geschichte, zu Kulturen, mit Hilfe eines weltgewandten Stils, mit Sätzen so freundlich wie offene Türen, mit einem Zaun, der nur Intoleranz und Dummheit abschreckt. Um diese Metropolen zu schaffen, muss sich der Dichter wichtig nehmen, die Freiheit liegt nur im Ich.

Darin liegt auch eine Gefahr. Gstättner weiß das und wir wissen es, weil er ja Anton Tschechows Figur Njuchin zitiert, der immer gemeinnützige Vorträge hielt und abschweifend immer auf sein elendes privates Los zu sprechen kam.

Berührend und böse

Gstättner kann scharf sein und hart. Im vorliegenden Fall ist er dies nicht, wenn er politisch oder gesellschaftspolitisch zu Gericht sitzt, sondern in den beiden Essays über das Zusammenleben in "Gute Freundschaft, großes Glück" und in der Geschichte "Herr Peternell will neben Salvador Dali originell sein", wenn er zum Beispiel Herrn Peternells Verhältnis zu seiner Frau und seiner Geliebten beschreibt und alles koppelt mit der Vorbereitung auf die Erstkommunion. Böse und berührend zugleich.

Sonst gibt es bei diesem Weltgericht keine Verurteilungen und manchmal zuviel Ich. Das ist zwar vergnüglich zu lesen, aber auch schade, weil es so scheint, als ob die Provinz die Metropolen des Geistes bedrohen und besiegen könnte. Robert Streibel

Waidmannsdorfer Weltgericht

Neue Nachrichten aus der Provinz

Von Egyd Gstättner

Edition Atelier, Wien 2002

187 Seiten, geb.

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