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Das Schweigen und die Folgen

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Im Handbuch des österreichischen Kuratoriums für Journalistenausbildung heißt es im Kapitel „Becherche”: „Die Becherche ist das Um und Auf jeder journalistischen Tätigkeit. Eine aktive Becherche zielt immer darauf ab, eine Person oder ein Dokument zu finden, mit deren beziehungsweise dessen Hilfe eine zu lösende journalistische Frage - oder Themenstellung — geklärt werden kann. Dazu gehören routinemäßige Telefonkontakte ebenso wie das gezielte Befragen von betroffenen Personen, Hintergrundinformanten, Behördenvertretern et cetera. .

Als nächste Stufe muß ermittelt werden, ob der erste Eindruck zutreffend ist. Ein taugliches Mittel ist dabei, die Gegenseite zu überprüfen, Meinungen nahestehender Personen einzuholen, die über ein Ereignis Bescheid wissen müßten, et cetera. Als dritte Stufe folgt dann der ,Becheck': Dies bedeutet, daß der Journalist wieder zum Erstinformanten oder Erstbetroffenen der Story zurückkehrt, fundiert mit den zwischenzeitlich erarbeiteten zusätzlichen Informationen. Diese dritte

Stufe ermöglicht die solide Beurteilung eines Sachverhaltes.”

Nach allem, was bisher bekannt wurde, hielt sich das Nachrichtenmagazin „profil” im großen und ganzen an dieses „lehrbuchartige” Schema und versuchte, Kardinal

Hans Hermann Groer für eine Stellungnahme zu gewinnen. Da dies nicht gelang, steht jetzt Aussage gegen Aussage und das Schweigen des Kardinals gibt Gerüchten aller möglichen Art Raum.

der Zeitpunkt der Veröffentlichung zu sein. Denn mittlerweile wurde bekannt, daß sich Josef Hartmann, der Ex-Schüler Groers, schon vor drei Jahren mit seinen Erinnerungen an das „profil” gewandt hat, doch soll damals Chefredakteur Votzi keine Zeit gehabt haben, sich dieser Geschichte anzunehmen, und so versandete dieser Versuch.

Wieso das „profil” nicht schon damals der Angelegenheit nachgegangen ist und warum es jetzt plötzlich dem nochmaligen Versuch von Josef Hartmann, zu Wort zu kommen, so groß und plakativ Raum gab, ist ungeklärt.

Vermutungen, beim „profil” habe man in der Enthüllungsgeschichte über Kardinal Groer eine willkommene Möglichkeit gesehen, das arge Zurückbleiben in der Reichweite gegenüber „News” durch einen „Auflagenknüller” etwas aufzuholen, sind daher durchaus plausibel und bestärken Zweifel an der seriösen Blattpolitik des „profil”.

Ein fortdauerndes Schweigen des Kardinals würde einer weiteren Instrumentalisierung seiner Person durch den Boulevard Vorschub lei-

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