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Der Journalist und die Geschichte

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PERSONEN UND STATIONEN — Deutschlands, Europas, der Welt zwischen 1789 und beute. Von Feter Berrlar. Verlag Blblio-theca Christiana, Bonn.

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PERSONEN UND STATIONEN — Deutschlands, Europas, der Welt zwischen 1789 und beute. Von Feter Berrlar. Verlag Blblio-theca Christiana, Bonn.

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Man stellt sich die geistigen Anstrengungen eines Verlags vor, einen Titel für eine Sammlung von Essays zu finden, die so disparate Themen behandeln wie Marie Antoinette, den Thronfolger Franz Ferdinand, Napoleon und Hitler, den 20. Juli 1944, Papst Pius XII. und die Juden, die Massenmedien — um nur einige zu nennen. Oder gibt es doch einen inneren Zusammenhang, der dem Band ein Minimum an Einheitlichkeit verleiht? Am ehesten scheint er in der Denkweise des Autors zu finden sein, in seinem Bestreben, historische Vor- und Fehlurteile aufzudecken und zu beseitigen. Peter Beijglar fasziniert die Schuldfrage, die persönliche Verantwortung von Menschen, die an entscheidenden Wendepunkten der Geschichte im Zentrum der Bühne gestanden sind. Er zeigt uns Marie Antoinette, wie sie „von ihrer Anlage her unauffällig und durchschnittlich“, von der gemütlichen Kinderstube in die stickige Hofluft von Versailles versetzt, gezwungen wurde, eine diplomatische Tätigkeit zu entfalten, die ihrem Wesen fremd war, ihre Fähigkeiten überstieg und eine Festigkeit ihrer Position unmöglich machte. Er erwägt die Schuld an beiden Weltkriegen und versucht — mit Ehrfurcht und Liebe — die Grenzen der profunden Persönlichkeit Papst Pius XII. zu erkennen und seine Handlungsweise zu ergründen.

Wie kann man Fragen von solcher Vielfältigkeit, wie die Schuld an Weltkriegen, in wenigen Seiten gerecht werden? In den Augen eines akademischen Historikers ist es das Allzeitirritierende am Journalismus

— die meisten dieser Beiträge sind ursprünglich in Zeitungen erschienen —, daß in einem Dauerritt über den Bodensee laufend versucht wird, vielschichtige Probleme zu erfassen und darüber Urteile zu fällen. Peter Berglar aber weiß nicht nur von diesen Tiefen, er macht auf sie aufmerksam und regt zu weiterem Studium oder wenigstens zum weiteren Nachdenken an. Sein Stil ist klar, oft energisch, seine Maßstäbe die eines religiösen Menschen.

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