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Falsche Solidarität

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Mit einem Eifer, der einer besseren Sache würdig wäre, sind Exponenten der heimischen linken Kulturszene von Peter Turrini bis Elfriede Jelinek, mit anderen wohlmeinenden, aber schlecht informierte Zeitgenossen für eine bedrängte Kollegin, die Kulturkritikerin Sigrid Löffler, ins Gefecht gezogen und haben von „Schreibverbot“, „Zensur“ und ähnlichem gesprochen. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich die Aufregung als künstlich und übertrieben. Was ist der Ärmsten, für die so viel fragwürdige Solidarität aufgeboten wird, widerfahren?

Frau Löffler hat sich im Rahmen des „profil“, in dem sie das Kulturressort leitete, über vertragliche Verpflichtungen hinweggesetzt und wurde deshalb vom Herausgeber gekündigt. Ein Vorgang, der vom Standpunkt des Betroffenen und auch juristisch als durchaus normal anzusehen ist, denn wer vertragliche Verpflichtungen verletzt, und in anderen Zeitschriften und Zeitungen publiziert, obwohl dies der Konvention zuwiderläuft, muß mit Sanktionen rechnen, die im konkreten Fall ohnehin materiell versüßt und durch einen Autorenvertrag abgegolten werden.

Doch Frau Löffler ist eben Literaturpäpstin und literarische Scharfrichterin in einer Person, der von einer hörigen Clique und Claque hofiert wird, wie sie ihrerseits Peymann & Co. sowie andere genügend fortschrittliche Kulturträger emporlobt, andere aber, die nicht zu diesem Kreis gehören, ignoriert oder verbal hinrichtet. So funktioniert, wie figūra zeigt, der Beweihräucherungsverein auf Gegenseitigkeit, den die linke Schickeria bildet und der sich unter anderem durch zwei Eigenschaften negativ auszeichnet, die im vorliegenden Falle demonstriert werden: Rücksichtslosigkeit beim Austeilen und Wehleidigkeit beim Einstecken.

Es ist nicht verwunderlich, daß jene, die Freiheit der Kunst gelegentlich in Richtung Pornographie und Blasphemie strapazieren, für die Starallüren einer Gesinnungsverwandten, die glaubt, alles, was ihr beliebt, tun zu dürfen, Verständnis haben und Krokodilstränen vergießen Die anderen aber sollten sich Mitleid und Engagement für wirklich Schutzbedürftige aufsparen.

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