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BETONFORMEN, von Gunther Kunert, 38 Seiten, DM 3.—. — EREIGNISSE, von Thomas Bernhard, 48 Seiten, DM 3.—. — GESCHICHTEN FÜR STANEK, oi Barbara Frischmuth, 32 Seiten, DM 3.—. — DRAMATURGISCHES, ein Briefwechsel von Max Frisch, 40 Seiten, DM 3.—. Alle Literarisches Colloquium Berlin (LCB-Editionen).

Es ist üblich geworden, daß berühmte Autoren ihre Texte in kleineren Editionen oder Reihen verlegen, die gerade deshalb, weil ein Autorenname heute etwa soviel bedeutet wie eine als exklusiv bekannte Kognakmarke oder Zigarrensorte, ihren fixen Abnehmerkreis haben. Sicher haben diese Ausgaben den Vorteil, daß man Literatur relativ billig auf den Markt bringt und so einem größeren Leserkreis erschließt.

Überraschung bereiten vor allem Thomas Berhards bereits 1957 zum Druck fertigen „Ereignisse“, die den Alptraum vom kranken Leben in das Groteske umstülpen, das ja dem Augenblick, das heißt dessen Verzerrung verpflichtet ist. Ein Augenblick entscheidet über das Schicksal der

Menschen, die in Bernhards Parabeln wie Figuren eines unheimlichen Puppenspielers auftreten. Er zaubert das an den Tag, was sie sind, ihre Ängste, ihre Träume, er transformiert ihre Normalität, die nur eine scheinbare ist, in das Irrationale, Absurde, das verhüllt und zugleich gegenwärtig ist wie der Tod. Diese Geschichten haben eine größere Nähe zum Surrealismus als die später geschriebenen Romane Bernhards, zeigen einen gewissen Sinn für die Poesie des Grotesken. Der Briefwechsel Walter Höllerers mit Max Frisch beschäftigt sich mit dem „Theater der Möglichkeiten“, ein Versuch unter vielen anderen, dem in Erstarrung begriffenen Medium neue Impulse, zumindest theoretischer Art, zu geben. Man darf gespannt sein, wie der Autor seine Idee praktisch weiterentwickelt.

Neben den „Betonformen“ Günther Kunerts, einem Stück anspruchsvoller Reiseprosa präsentieren die LCB Editionen noch „Geschichten für Stanek“ von Barbara Frischmuth. Herr Stanek fällt im Laufe der Erzählungen durch Störaktionen auf, weshalb der sowieso schon dünne Fluß des Erzählens mehrmals unterbrochen werden muß, um die Gunst des ungnädigen Zuhörers zu gewinnen. Zwischendurch erfährt man also zum Beispiel, was eine Klosterschwester mit einem Pferd im flnstern Wald treibt. Um die Spannung zu lindern: es geht ihnen schlechter als Hansel und Gretel, sie werden erschossen. Von den Russen wahrscheinlich. Und das, nachdem das Pferd der Klosterschwester... Stanek paßt schon wieder nicht auf. Ob man ihn nicht dabei lassen sollte?

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