Unser ganzes Leben iteht im Schatten des Rechts. Der Kauf einer Semmel, das Lösen eines Fahrscheines, der erfolgreiche Pump von hundert Schilling — alles sind Rechtsgeschäfte. Sehr erstaunlich ist es aber, daß der vielseitig gebildete Homo faber unseres, ständig neue Rechtsbeziehungen schaffenden Atomzeitalters dem Recht, gelinde gesagt, mit leiser Fremdheit gegenübersteht, daß er so wenig weiß von dem Wesen del Rechts, das hinter den Paragraphen steht, von dem blutvollen Leben, das durch lein angeblich verkalkten Adern fließt. Das Vorurteil vieler Nichtjuristen ist allerdings verständlich. Oft hört man sie klagen, noch niemand habe ein Rechtsbuch geschrieben, das man wie eine andere Lektüre lesen könne. In ihre Hände gehört nun „Der österreichische Hausjurist’, bei dessen Lektüre man gleich merkt, daß die Juristerei zu Unrecht als trocken und phantasielos verschrien Worden ist. Sie kann ia gar nicht lebensfremd sein, weil sie das Leben selbst ist. Es lag wohl nur an der Darstellungsweise, waj sie lebensfremd machte.
Das umfangreiche Werk ist ein sehr lebendiger, praktischer Ratgeber für alle tagtäglich auftauchenden Rechtsfragen, die hier am Modellfall des Durch- schnjttsbürgers Karl Jedermann demonstriert werden.
Dei Rechtsunkundige, dessen Nachgeben oft nur seiner mangelnden Kenntnis und der daraus resultierenden Unsicherheit zuzuschreiben war, erfährt nun, wie er sich fortan richtig verhalten soll, was er zu tun, was er zu lassen habe. Dadurch verliert er die landesübliche Scheu vor dem Gericht (die bekanntlich in dem Ausruf gipfelt: Mir werden kan Richter brauchen), der Polizei, dem Finanzamt und den Behörden, denen er künftig gewappnet, sachlich und sein Recht wohl wahrend, gegenüberzutreten vermag. Das Buch ist gut gegliedert, die vielen Casus even- tualei (Untermieter, laute Nachbarn, Nachhilfestunde, zurückgelegtes Kleid, der Hund im Sportliegewagen, Kinokarte, Testament, ungebetene Gäste, um nur einige zu nennen) lind plastisch geschildert und durch Beifügung von Musterschriftsätzen und amtlichen Formularen bereichert. Ein Strafprozeß von der Anzeige bis zum Urteil wird abgewickelt — höchst informativ für den Leser. Daneben finden sich Aktenzeichen der Gerichts- und Justizbehörden, die Gerichtsorganisation, der Staatsaufbau und ein gründliches, von Abfertigungsrecht bis Zwangsversteigerung reichendes Nachschlageregister. Der Umschlag, auf dem die „Fälle” in reizenden Illustrationen dargestellt sind, zeigt schon, daß es sich hier um kein trockenes Buch handelt. Eine überaus nützliche juristische „Erste Hilfe”, die in jede Bibliothek neben der ärztlichen gehört.
