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Halil Ibrahim Hammids persönliche Geschichte des Scheiterns.

Halil Ibrahim Hammad kam 1951 als junger Medizinstudent nach Österreich und hoffte, hier sein Studium zu beenden. Die Grazer Ärztin Gabriele H. Baumann hat die nicht alltägliche Geschichte dieses Palästinensers veröffentlicht.

In der Regel lesen wir nur von denen, die es geschafft haben erfolgreich zu sein, dieses Buch aber beschreibt das Scheitern eines Menschen. Kurz vor seinem Tod erklärte Hammad: "Jetzt, wo ich fast am Ende meines Lebens meine Heimat Palästina auch in meinem Herzen aufgegeben habe und in aller Form Österreicher geworden bin, habe ich das verzweifelte Verlangen, ganz mit meiner Vergangenheit zu brechen. Gestern bin ich in aller Form und im kleinen Kreis von ein paar Freunden zum katholischen Glauben übergetreten." 2000 starb Halil Ibrahim Hammad und die Stadt Graz bezahlte sein Armenbegräbnis.

Sehr lebhaft geht es im ersten Teil des Buches zu, der mit der abenteuerlichen Geschichte seiner Familie beginnt. Interessant sind die eigenen Erinnerungen, die auch ein kritisches Licht auf die arabische Gesellschaft werfen.

Manche Details der Kämpfe zwischen Arabern und Juden, an die sich Hammad zu erinnern glaubt, stimmen allerdings wohl nicht. So behauptet er gesehen zu haben, dass 1948 nach dem Massaker von Deir Yassin Juden "junge nackte palästinensische Mädchen vor den Mauern von Jerusalem hin- und hergefahren" haben. Sharif Kanaana von der arabischen Universität Birzeit, der diese Geschichte erforscht hat, erwähnt so wie alle anderen seriösen Historiker die nackten Mädchen nicht. Auch die Zahl der Opfer in Deir Yessin gibt Kanaana mit rund einhundert und nicht wie Hammad mit 254 an. Das soll und kann aber nicht dieses Verbrechen entschuldigen, das unter den Juden damals allgemeine Empörung hervorrief.

Als Student in Beirut scheitert Hammad, denn sein Interesse für Politik ist größer als das für Medizin. 1951 kam er nach Österreich mit dem Vorsatz, sich nicht mehr mit Politik zu befassen. Doch auch hier lässt ihn diese nicht los. Er wurde zum Präsidenten des arabischen Studentenvereins in Graz gewählt: "Meine Landsleute, die so wie ich in dieser Stadt wohnten, machten mich zu ihrem Anführer, und ich übersah dabei, dass meine Ideen mit ihren Vorstellungen nichts zu tun hatten."

Hammad erlebt eine österreichische Umgebung, die sich sehr von der traditionellen arabischen unterscheidet. Seine Familie erwartet, dass er als erfolgreicher Arzt zurückkehrt, doch es gelingt ihm nicht. Schritt für Schritt beschreibt er sein Versagen, macht aber dafür nur sich selbst verantwortlich.

Der Rezensent hofft mit Gabriele H. Baumann, dieses Buch könnte "einen Beitrag dazu leisten, die Menschen im "Heiligen Land ein bisschen besser zu verstehen. Denn eines verbindet diese Menschen über alle Grenzen hinweg: Der Wunsch nach Heimat, wo sie in Frieden ein menschenwürdiges Leben führen können, und die Angst, diese zu verlieren."

Terra sancta? Ein Leben zwischen Palästina und Europa

Von Halil Ibrahim Hammad und Gabriele H. Baumann

Drava Verlag, Klagenfurt-Celovec, 2003

239 Seiten, kart., e 18,50

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